Gelsenkirchen. Die insolvente Gewürzmanufaktur Fortkamp & Wiegers, seit 2011 ein Betrieb des Werkvereins Gelsenkirchen, stand offenbar unter keinem guten Stern. Der abgesprungene Großkunde hat, wie es aus dem Unternehmen auf Nachfrage hieß, bereits seit einigen Jahren keine Geschäftsbeziehung mehr zum Bulmker Betrieb.
Die Discounter-Kette Aldi-Nord und die Edel-Kaufhausmarke Manufaktum standen in der Blütezeit der Gewürzmanufaktur Fortkamp & Wiegers auf der Kundenliste.
Bis 2011, als der Werkverein GE die Mühle in Bulmke übernahm – als Vorzeigebetrieb mit integrativen Arbeitsplätzen und nostalgischem Charme. Schon da gab es aber keine Aufträge mehr für Salz, Pfeffer & Co. vom Discounter – allerdings die bereits eigens dafür angeschaffte Abfüllmaschine. Das erfuhr die WAZ aus gut informierter Quelle.
Auch das junge, expandierende Unternehmen Don Marco’s Barbecue ließ seine Spezialgewürzmischungen seit seiner Gründung vor zwei Jahren in der Bulmker Gewürzmühle abpacken. Bis ein Auftrag im Sommer dieses Jahres fast drohte, die Präsentation der jungen Marke auf einer Fachmesse in Köln platzen zu lassen.
Plötzlicher Preisanstieg von 450 %
Anfang August, berichtet die Don-Marco’s-Geschäftsführerin, sei der Auftrag samt Ware an die Manufaktur ‘raus gegangen. Zwei Wochen später fragte sie nach. „Da habe ich erfahren, dass der Betrieb Kurzarbeit fährt und nur noch ein Mitarbeiter da sei“, berichtet sie im Gespräch mit der WAZ. Kurzarbeit trotz Auftrags? Die resolute Geschäftsfrau hakte nach, zunächst beim Geschäftsführer der Gewürzmühle, dann beim Arbeitsamt in Essen. Mit Erfolg – zumindest für ihre Gewürze.
Beschwerde beim Arbeitsamt wegen Kurzarbeit trotz Auftrags an F & W
Das bestätigt eine Mitarbeiterin der Bulmker Manufaktur, die nun seit Freitag vergangener Woche unter Insolvenzverwaltung steht. „Das Arbeitsamt hat im August mitgeteilt: Sobald Arbeit da ist, müssen die Leute zurück geholt werden.“ Was auch geschah – insgesamt drei liegen gelassene Aufträge wurden abgewickelt.
Für die Barbecue-Gewürzmarke war es der letzte Auftrag an die Manufaktur. Denn: Wohl als Quittung für ihre Beschwerde beim Arbeitsamt, sagt die Geschäftsführerin, sollte sie für einen Folgeauftrag von einem Tag auf den nächsten plötzlich 450 Prozent mehr zahlen. Ihr Fazit – einmal abgesehen davon, dass sie sich anderweitig umgeschaut hat: „Das Ende der Gewürzmanufaktur ist hausgemacht.“
LWL-Fördermittel wurden mit zehnjähriger Bindefrist gezahlt
Beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat man die Pleite des integrativen Unternehmens im Fokus. Der zuständige Sprecher Markus Fischer teilte der WAZ gestern auf Nachfrage mit, dass die Gewürzmanufaktur 50.000 Euro investive Fördermittel sowie ein zinsloses Darlehen in Höhe von 75.000 Euro erhalten habe. Und zwar mit einer Bindefrist von zehn Jahren. Fischer: „Wir werden also Geld zurück fordern.“ Allerdings sagte er auch, ein grobes Missmanagement habe man nicht festgestellt.