Gelsenkirchen. Das Schalker Fanprojekt zeigte jüngst einen Film über die Konzertszene der Neonazis. Über 250 Besucher beteiligten sich an der einstündigen Diskussion. Die 90-minütige Dokumentation, die das Projekt gemeinsam mit dem Lernzentrum „Schalke macht Schule“ auf die Leinwand des Apollo-Kinos holte, hinterließ bei den jungen Besuchern Spuren.

Sinnbildlich steht Regisseur Peter Ohlendorf auf der sparsam beleuchteten Kinobühne im Dunkeln und beantwortet die vielen Fragen aus dem Publikum zu seinem Film „Blut muss fließen“. Mit versteckter Kamera hat Thomas Kuban, der sich in der Öffentlichkeit wegen Morddrohungen nicht zeigt, bei Neo-Nazi-Konzerten gedreht und den Film mit Ohlendorf realisiert.

Die 90-minütige Dokumentation, die das Schalker Fanprojekt gemeinsam mit dem Lernzentrum „Schalke macht Schule“ auf die Leinwand des Apollo-Kinos holte, hatte bei den jungen Besuchern Spuren hinterlassen.

„Undercover unter Nazis“

Mit menschenverachtenden Parolen hetzen die Bands auf Hinterhofbühnen gegen Ausländer, politisch Andersdenkende und Homosexuelle. Wie heftig es dort abgeht, erfahren Zuschauer erst durch den Film mit dem Untertitel „Undercover unter Nazis“.

Fast zehn Jahre war Journalist Kuban in die Rolle des „Obernazis“ geschlüpft. 40 Identitäten hat er sich im Internet aufgebaut, um an die „geheimen“ Konzerttermine zu kommen. Ohlendorf und Kuban nehmen den Zuschauer mit auf eine Rechtsrock-Tournee durch Deutschland und Europa. Egal ob in Gaststätten oder in größeren Hallen: Die Rechten scheinen eine regelrechte Parallelgesellschaft aufgebaut zu haben, in der sie offen zum Mord gegen Menschen aufrufen. Noch weit vor den Serienmorden der NSU. „Blut muss fließen“ heißt eine Textpassage aus einer der beliebtesten Nazihymnen. In manchen Landkreisen seien die Neonazis in der Mitte der Gesellschaft angekommen, so Ohlendorf.

„Das Polizeiverhalten ist verschieden“

Auch im Westen der Republik geht bei Konzerten kollektiv der rechte Arm zum Hitlergruße hoch und erschallen „Sieg heil“-Rufe. „Das Polizeiverhalten ist verschieden“, hat Ohlendorf beobachtet. In Berlin werde konsequenter gegen Nazikonzerte vorgegangen, so dass die Szene dort zurück gedrängt worden sei. Im Film drückt auch die Politik das rechte Auge gerne zu.

Über 250 Besucher waren der Film-Einladung gefolgt und beteiligten sich danach an der knapp einstündigen Diskussion. Die zweite Aufführung für Schulklassen war mit 350 Besuchern ausgebucht. „Mit der Resonanz sind wir sehr zufrieden und damit, dass im Anschluss so viele Fragen gestellt werden, hätte ich nicht gerechnet“, freute sich Hendrik Jochheim, Sozialarbeiter beim Fanprojekt. Vor allem Schalker aus der aktiven Fan-Szene, unter anderem der Ultras Gelsenkirchen, waren auch im Kino, aber auch Schülergruppen und politisch interessierte Menschen mischten sich unter das Publikum.