Gelsenkirchen. Das Waldgebiet rund um die Halde Rheinelbe ist vom Bergbau geprägt wie kein anderes Gebiet in Gelsenkirchen. Forstwirtschaftlich bearbeitet wird der Wald nicht, aber er bietet seinen Spaziergänger ein Kontrastprogramm: Auf der einen Seite Bereiche, die schon zuwachsen und auf der anderen Seite Bereiche mit niedrigwachsenden Pflanzen.

Der Industriewald Rheinelbe bietet ein Kontrastprogramm. „Hier ist alles ein bisschen anders“, sagt Oliver Balke, zuständiger Förster in Diensten des Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Was er unter anderem damit meint: Als Spaziergänger darf man sich auch mal im südamerikanischen Dschungel wähnen, wenn beim Gang über verschlungene Pfade plötzlich moosbewachsene Mauerreste vergangener Zivilisation im Weg liegen. Wie kein anderes Waldgebiet in Gelsenkirchen sei das Gebiet rund um die Halde Rheinelbe vom Bergbau geprägt, so der Förster.

Das Gebiet geht zurück auf die Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher-Park. Die wurde von 1989 bis 1999 für die Erneuerung von Altindustrieflächen im nördlichen Ruhrgebiet durchgeführt.

Betretungsverbot bis 1996

Irgendwann habe man von diesem Namen wegkommen wollen, so Balke. Man habe Wertschätzung für das wecken wollen, was sich dort entwickelt hatte. Und weil früher Schwerindustrie – Kohle und Stahl – an der Stadtgrenze zu Wattenscheid angesiedelt war, habe man sich für Industriewald Rheinelbe entschieden.

„Keiner hat gesagt: ,Das wird jetzt ein Wald.’“, erklärt Oliver Balke. Als die Industrieunternehmen abgezogen waren, blieb das Gelände sich selbst überlassen. Balke: „Es gab keine kurzfristigen Pläne, hier etwas zu entwickeln. Alles, was hier wächst, ist Wildnis.“ Bis 1996 habe für 90 Prozent der Fläche noch ein Betretungsverbot gegolten.

Natur nicht überall gleich

IBA-Mitarbeiter hätten schließlich die Qualitäten dieser Wildnis erkannt und Landesförster mit ins Boot geholt. Heute gehören die 36 Hektar dem Regionalverband Ruhr (die 20 Hektar große Südhalde), NRW Urban (die 10 Hektar großen ebenen Flächen), Landesbetrieb Wald und Holz (6 Hektar) und ein ganz kleiner Teil der Stadt Gelsenkirchen, um genau zu sein: eine gepflasterte Zufahrt und ein Grünstreifen.

Der Industriewald Rheinelbe wird nicht forstwirtschaftlich bearbeitet. „Mutter Natur darf entscheiden, wohin die Reise geht.“ 8000 Menschen haben früher auf dem Areal gearbeitet, es gab sechs Schächte. 1861 hatte die Kohleförderung begonnen. Der Abriss der Industrieanlagen wurde etappenweise von den 1930er- bis in die 1980er-Jahre erledigt. „Das sieht man dem Gelände heute auch noch an“, sagt der Förster, der seinen Arbeitsplatz in der Forststation Rheinelbe hat.

Unterschiedlich bepflanzte Flächen

Als Resultat ist die Natur nicht überall gleich alt, es gibt verschiedene Entwicklungsstadien. Es gibt alte Bereiche, die schon zuwachsen.

Es gibt aber auch relativ offene Flächen mit nur niedrig wachsenden Pflanzen – Oliver Balke spricht in diesem Zusammenhang von einer „Pionierphase“. Die Birke ist der Baum, der den Wald prägt. Der Boden kann nicht viel Wasser speichern.

Der Förster: „Wer hier als Bäumchen wachsen will, muss ein bisschen wie ein Kamel sein.“

Die Birke sei der Pionierbaum schlechthin: Seine leichten Samen fliegen 100 Meter weit. Oft läuft im Industriewald auf Haldenmaterial – auf Gleisschotter (Tonschiefer vermischt mit feiner Kohle) oder Ziegelschutt. Der Wald befinde sich gerade erst am Anfang der Bodenentwicklung, sagt Oliver Balke. Aktuell gelte noch: „Wenn man hier buddelt, stößt man auf Geschichte.“