Gelsenkirchen. Vor der Wahl: Kandidaten diskutieren am Verdi-Mindestlohn-Truck. Geringe Resonanz
Ob es nun am Wetter lag oder vielleicht auch an einer gewissen Politikverdrossenheit: Die Resonanz auf das Thema Mindestlohn am Verdi-Truck auf dem Neumarkt jedenfalls war am Mittwoch, vorsichtig formuliert, äußerst dürftig. „Man sollte aus der geringen Resonanz aber keine Rückschlüsse auf die Bedeutung des Themas ziehen“, mahnte SPD-MdB und -Direktkandidat Joachim Poß.
Er war nicht der einzige Wahlkämpfer, der auf Einladung der neuen Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Emscher-Lippe, Martina Neubner, zur Stelle war, um mit Gelsenkirchenern über Mindestlöhne und Gerechtigkeit zu diskutieren.
Oliver Wittke (CDU) war da, Irene Mihalic (Grüne) und Ingrid Remmers (Die Linke) ebenfalls. Das rot-rot-grüne Lager war sich einig: Es könne nicht angehen, dass Menschen für ihre Arbeit so wenig Lohn bekommen, dass sie gezwungen seien, aufzustocken.
Angst vor Altersarmut
Rund 1,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik sind so genannte Aufstocker. Das heißt, sie bekommen Hilfe von den Jobcentern, weil ihr selbst erarbeitetes Geld zum Leben nicht reicht. Und noch eine Zahl kreiste gestern: 6,8 Millionen Menschen bundesweit sind es, die für Stundenlöhne unter der 8,50 Euro-Marke arbeiten.
Das Trio Mihalic, Remmers, Poß jedenfalls ist sich in diesem Punkt einig: Man komme um einen gesetzlich geregelten, flächendeckenden Mindestlohn nicht herum. Und beim Thema Minijobs legte Irene Mihalic nach: „Wir wollen diese Form der Beschäftigung grundsätzlich in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse umwandeln.“ Verdi-Geschäftsführerin Neubner richtete den Fokus auf die Frauen, die mit ihren geringen Einkünften aus prekären Arbeitsverhältnissen besonders betroffen seien. Auch, was Altersarmut angehe.
Wie zum Beweis ihrer Befürchtungen sagte eine alte Dame am Stand wenig später: „Mir macht die bevorstehende Altersarmut Sorgen. Zur Sicherung einer auskömmlichen Rente ist auch ein Stundenlohn von 8,50 Euro zu wenig.“ Ob 10 Euro reichen? Die Summe steht bekanntlich als Mindestforderung der Linken im Raum.
Verdi: Mindestlohn erhöht die Kaufkraft
Der Behauptung, ein Mindestlohn würde Arbeitsplätze vernichten, begegnet Verdi klar mit: „Das stimmt nicht“. Ein Mindestlohn erhöhe die Kaufkraft und bringe so zusätzliche Beschäftigung. Die Verdi-Rechnung: Ein Mindestlohn von 8,50 Euro würde über 9 Mio. Beschäftigten mehr Geld bringen – durchschnittlich 2100 Euro im Jahr. Zusätzliche Kaufkraft: 19 Milliarden Euro.