Gelsenkirchen. .

Kiriaki Meliadou (15) flippt aus. Ihr Bruder hat ihr 20 Euro gestohlen. Alter! Sie flucht. Ihre Worte, ihre Bewegungen, alles spricht Slang. Dann grinst sie. Wut und Hass? Von jetzt auf gleich verflogen.

Die Altenessenerin leidet nicht etwa an einer gespaltenen Persönlichkeit. Sie ist bloß begabt, ein Schauspieltalent. „Seit ich klein bin, will ich was mit Film oder Theater machen“, sagt sie. Doch die Schule hatte für die Gymnasiastin Vorrang. Als sie aber erfuhr, dass die Awo in Gelsenkirchen ein Casting für ein interkulturelles Filmprojekt durchführt, war sie sofort dabei.

Suche nach Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren

Am Mittwoch ging die Awo nun gemeinsam mit der Produktionsfirma „Quest Media“ auf die Suche nach deutschen und ausländischen Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren. Es gab Schauspielrollen zu ergattern. „Natürlich geht es nicht nur um den Spaß am Film“, sagt Awo-Mitarbeiterin Nadine Urlacher. Ziel sei es, Jugendliche verschiedener Herkunft zusammen zu bringen und auf kreative Weise Vorurteile abzubauen. Die Geschichte „Aufbruch“ ist angelehnt an Dramen wie „Romeo & Julia“ oder „West Side Story“.

Kiriaki bewirbt sich um die Hauptrolle, Maria. „Ich musste erst eine Szene auswendig lernen und vorspielen“, erzählt die Griechin, „danach improvisieren. Ich sollte ausrasten.“ So entstand eine Szene, die die Jury überzeugte. „Sie ist so, wie wir uns Maria vorgestellt haben. Das Talent muss erstmal jemand überbieten“, sagt Regisseur Wayne Graves von Quest Media.

Lampenfieber

Aber nicht immer passen die Vorsprechenden zu den Rollen. Kein Problem, findet Graves: „Wenn ich eine Persönlichkeit, eine Präsenz erkenne, dann schreibe ich eben eine passende Rolle.“ So ist es auch bei Melissa (14). Sie passte irgendwie nicht zu den Rollen auf dem Zettel – noch nicht. Ihr Bruder Can (15) wollte eigentlich gar nicht mitmachen. „Ich hab’ so Lampenfieber“, sagt er. Graves: „Brauchst du nicht. Wir haben keine Lampen. Nur Scheinwerfer.“ Na, dann – Can lässt sich überreden.

Die nächste, die vorspricht, passt nicht ganz ins Schema, dafür aber zu 100 Prozent ins Konzept. Olga Alonidou ist die Mutter von Kiriaki und spricht für die Rolle der Nachbarin Ursula vor. Schnell ist der Jury klar: Die brauchen wir – aber nicht als Ursula. Sie soll eine Rolle spielen, die ihr durchaus bekannt ist: Die Mutter ihrer Tochter.

Auch für die Awo ist sie ein Glücksgriff. „Ich bin in Süddeutschland auf eine griechische Schule gegangen. Da wurden wir mit Hass gegen Türken, von denen Griechenland jahrelang besetzt war, erzogen.“ Alonidou, die immer viele türkische Freunde hatte, hat das nie verstanden: „Sie waren für mich doch wie Geschwister, warum sollte ich sie hassen?“ „Für unser Anliegen ist das genau die richtige Aussage“, sagt Urlacher.