Gelsenkirchen. . Die Prostituierte „Antonia“ wehrt sich nach jahrelanger Duldung seitens der Verwaltung, vom Strich an der Bickernstraße in Gelsenkirchen vertrieben zu werden. Drei Tage dauert die Frist seitens der Stadt, binnen der sie ihren Wohnwagen zu räumen hat. Der Frau droht ein Zwangsgeld von 1000 Euro.
Gäbe es eine Rangordnung von Berufsgruppen, so müsste man Licht anknipsen, um die Prostituierten im Tabellenkeller zu entdecken. Gegen ihre Ächtung und brandaktuell gegen ihre Vertreibung von ihren über Jahrzehnte geduldeten Arbeitsplätzen, wehrt sich Antonia (Name geändert).
Die Stadt hat ihr eine Frist von drei Tagen gesetzt, binnen der die Prostituierte den Wohnwagen an der Bickernstraße entfernen muss, in dem sie Sex gegen Geld anbietet; und um den Ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, steht ein Zwangsgeld von 1000 Euro im Raum. Ihren vier Kolleginnen, die sich die Anhänger vor Ort für des Freiers Freuden teilen, ergeht’s ähnlich.
Klage beim Verwaltungsgericht
„Ich habe dagegen Klage beim Verwaltungsgericht erhoben“, sagt Antonia, jenseits der 40, mit Unterbrechungen seit 30 Jahren vor Ort im Geschäft. Die Justiz soll nun ein Urteil fällen. Fein säuberlich hat die gelernte Damenschneiderin, die nach einer Qualifizierung zur Tagesmutter in einem Kindergarten als Betreuerin gearbeitet hat, die Begründungen der Stadt auf vier DIN A4-Seiten markiert: Der Anhänger wäre an den Rädern bereits mit Pflanzen zugewachsen steht da, weiter, dass die gewerbliche Nutzung des Wohnwagens keine bauaufsichtliche Genehmigung habe, sowie, dass das Sexmobil eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstelle.
„Das ist aus der Luft gegriffen“, ereifert sich Antonia. Jahrelang seien eine handvoll Prostituierter in Bismarck geduldet worden, jetzt aber, nach einer Beschwerde (nicht von einer Anwohnerin, Anm. der Red.) und im Wahlkampf, plötzlich nicht mehr. Dabei seien sie es, die Schutz bräuchten. „Wir werden mit Steinen beschmissen, mit Messern bedroht, grün und blau geschlagen und mitunter nackt aus dem Wagen der Freier gestoßen.“
„Verkehr im Freien ist tabu"
Einmal in Fahrt, wehrt sich die Gelsenkirchenerin gegen das Bild von Drogen und Dreck, dagegen, sie würden es im Freien treiben, gebrauchte Taschentücher und Kondome das Grün verschandeln: „Verkehr im Freien ist tabu, das machen auch die Mädchen aus Bulgarien oder Rumänien nicht. Die Gäste schon gar nicht, zu groß ist deren Angst entdeckt zu werden. Geschweige denn davor, dass die Männer draußen oft nicht können. Sex gibt es bei uns nur im Wohnwagen, ansonsten fahren wir mit den Gästen im Auto weit weg.“ Und: Sie und ihre Kolleginnen, von denen keine irgendwie süchtig sei, achteten peinlichst darauf, Müll in „entsprechende Tüten im Wohnmobil zu entsorgen – allein schon, um keine Kunden zu vergraulen“.
Antonias Verdacht: Der Strich ist ein beliebter Ort „für außerehelichen Sex, für junge Paare sowie für die, die eine Affäre (und Familie) haben und nicht wissen wohin.“ Das hat auch die Polizei bestätigt. Bei den Beamten sind die Prostituierten „noch nie negativ aufgefallen.“ Man darf also gespannt sein, wie das Gericht entscheidet, einfach ist die (Rechts-)Lage wohl nicht. Selbst die Stadt ordnete die Dienste der Sexarbeiterinnen in den Wohnwagen als legal ein.