Gelsenkirchen. Verhandlungen über den neuen Zwischenpachtvertrag zwischen Stadt Gelsenkirchen und dem Stadtverband der Kleingärtner ziehen sich. Es wird um Verantwortung und Zuständigkeiten gerangelt – also um viel Geld

„Gut Ding will Weile haben“, heißt es. Wenn es aber ums Geld geht, kann sich eine Entwicklung hinziehen. Sehr lang sogar. So auch bei den Gelsenkirchener Kleingärtnern. Die warten seit „fast zwei Jahren darauf, dass ein neuer Zwischenpachtvertrag zwischen Verwaltung und dem Stadtverband der Kleingärtner zu Stande kommt“, klagt Wolfgang Ostermann, der erste Vorsitzende des KGV Wiehagen. Der Vertrag regelt Zuständigkeiten und Verantwortung zwischen Nutzer (Kleingärtner) und Grundstückseigentümerin (Stadt).

Die Streitfragen

Den Stein ins Rollen gebracht hat der Rotthauser Verein mit einem Hilferuf nach Bestandsschutz. Auf seinem Gelände stehen nämlich noch Lauben aus der Vorkriegszeit und deutlich größer als es das Bundeskleingartengesetz (1984) vorschreibt. Unterlagen wie etwa Baugenehmigungen sind „verschütt“ gegangen. Bei Ortsbegehungen hat der Stadtverband als Kontrollorgan bei einigen Laubenpiepern den „Rückbau“ angemahnt – quasi unterliegt jeder Grashalm, jedes Brett und jeder (gemauerte) Stein einer Regel. Außerdem befürchten die Frauen und Männer mit dem grünen Daumen, dass ihnen durch Formulierungen wie „Für die Pflege und den Erhalt der Substanz ist der Verein zuständig“ Berge von Kosten entstehen. „Zum Beispiel für Entwässerung, also für Kanäle und deren Dichtigkeitsprüfung oder Instandsetzung“, wie es Franz Theilenberg, der Stadtverbandsvorsitzender, formuliert. Er verhandelt den neuen Pachtvertrag mit der Stadt für rund 40 Vereine und 3600 Kleingärtner im Stadtgebiet.

Die Position der Stadt

Gelsendienste, Tochtergesellschaft der Stadt, ist für Kleingartenanlagen zuständig. Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold signalisierte in Sachen Bestandsschutz Entgegenkommen: „Wir gehen davon aus, dass die Errichtung der alten Lauben rechtens war und ist.“ Ablehnend reagierte er auf die gewünschte Übernahme weiterer Verantwortung – und damit den Kosten – für Großbaumpflege, Spielflächen und eben die Entwässerung. „Hilfe bieten wir im Einzelfall an, übernehmen aber nicht die Verantwortung der Pflege. Das gilt auch für Spielflächen in den Anlagen. Die Geräte entsprechen oft nicht den erforderlichen (Sicherheits-)Standards. Dafür übernehmen wir keine Haftung.“ Bei der Kanalisation gelte Ähnliches: „Das Vereinsheim gehört den Kleingärtnern. Wenn Sie ein Haus besitzen, dann sind Sie doch für die Kanäle zur Straße verantwortlich, oder?“

Kommentar

Kleingartenvereine haben eine Wohlfahrtfunktion, ihre Anlagen sind Oasen in der Stadt. Die Gestaltungsoptionen regelt das Bundeskleingartengesetz mit einer Fülle von Auflagen. Darum entbrennt immer wieder Streit – sei es der Schuppen für Mäher, Häcksler und Co., sei es die wetterfeste Truhe für Sitzkissen oder das Planschbecken für die Enkel. Längst ist die Moderne im Garten eingezogen, nur nicht im Regelwerk.

Glücklicherweise gibt es hier einen Ermessensspielraum für den Stadtverband als Kontrollorgan – er kann so manch nicht ganz Konformes stillschweigend dulden.

Die Übernahme eines Gartens kostet gut 10.000 Euro, manche Laube gar das Dreifache. Und in der Regel gilt: Ein Haus zu übernehmen bedeutet, auch für seine Entwässerung Sorge zu tragen. Aber: Gilt das auch für Rohre, die mal die Stadt verlegt hat, für den öffentlich nutzbaren Teil der Anlage, für Bäume an Spazierwegen, für Spielplätze? Augenmaß ist hier gefragt und ein Kompromiss.