Gelsenkirchen. In der vergangenen Woche suchten nächtliche Einbrecher fünf Hütten in der Kleingartenanlage Wiehagen in Gelsenkirchen heim. Mit zwei Ausnahmen erbeuteten die dreisten Täter Lebensmittel und alkoholische Getränke. Keine Frage: Die Schollenpächter sind sauer und in Sorge. Jetzt gehen sie sogar schon mit einer “Bürgerwehr“ auf Streife.

Montag hat Werner Klemm Bohnen geerntet, geputzt und portioniert. So, wie er es seit vielen Jahren immer macht. Krönung der Arbeit bei schweißtreibenden Temperaturen: wiegen, beschriften, einfrieren. Dachte er.

Nur: Die Küchenwaage war verschwunden. „Da habe ich erst gemerkt, dass die die auch mitgenommen haben“, berichtet der 80-Jährige entrüstet.

„Die“, damit meint der Rentner jene ebenso unbekannten wie dreisten Einbrecher, die in der vergangenen Woche in zwei aufeinander folgenden Nächten durch die Kleingartenanlage im Wiehagen gezogen sind. Mit Ausnahme eines Radios und eben Klemms Küchenwaage stahlen die Täter aus mehreren Lauben ausschließlich Lebensmittel und Getränke mit „Umdrehungen“.

Der Beutezug größeren Stils, bei dem auf fünf Schollen Fenster und mehr zu Bruch gingen, hat die Kleingärtner aufgeschreckt. Immerhin hatte man hier seit drei Jahren Ruhe.

Vereinsmitglieder laufen Streife

Wolfgang Ostermann ist ein Mann der Tat. Der Vorsitzende des Kleingartenvereins zog Konsequenzen: „Wir sind in den vergangenen Nächten zu viert durch die Anlage gelaufen und haben aufgepasst.“ Was ihn besonders schockiert hat: An einer Laube war das Fenster aus Sicherheitsglas zusätzlich mit Gitterstäben gesichert.

„Das kann nur ein schmales Kind gewesen sein, das da durch gepasst hat.“ Der Geschädigte, ausgewiesener Schalke-Fan, verlor angesichts der bösen Überraschung seinen Humor indes nicht ganz. Den schwarz-gelben Hammer, den die Polizei am Tatort sicher gestellt hatte, überließ er den Ermittlern großzügig mit den Worten: „Den könnt ihr behalten.“

Pächter Gerd Schüßler hat nach dem Einbruch in seine Hütte das kaputte Fenster bereits austauschen lassen. Bei ihm waren die Täter irgendwann in der Nacht vom 15. auf den 16. August. „Die haben alles, was tragbar ist, mitgenommen. Der Kühlschrank war komplett leer geräumt.“ Auch an den Küchenschränken haben sich die Einbrecher bedient. Süßigkeiten, Zucker, Schnaps und Wein – alles weg. „Nur den billigen Glühwein haben sie stehen lassen“, konstatiert Schüßler sarkastisch.

Aufklärungsquote ist egring

KGV-Vorsitzender Ostermann hat den Schaden bilanziert: 1200 Euro kommen bisher zusammen. Der dickste Batzen davon geht auf das Konto der Sachbeschädigung. Schon mit den Vorbereitungen für das Gärtner-Grillfest am Wochenende befasst, schüttelt er den Kopf: „Wer macht so etwas?“

Das fragt sich auch die Polizei. Denn die Aufklärungsquote bei Kleingarteneinbrüchen ist vergleichsweise gering. Sagt Polizeisprecher Guido Hesse und erklärt, warum. „Für uns ist es schwierig, Zeugen für die Straftaten zu finden. Kleingärten liegen relativ isoliert von reinen Wohngebieten. Das ist ein schwieriges Deliktfeld, vergleichbar mit Kellereinbrüchen in großen Wohnhäusern.“

Eine konkrete statistische Erfassung von Einbrüchen in Kleingärten gibt es nicht. „Handverlesen“ hat Hesse auf Bitten der WAZ geforscht: Im Juli waren Schollen in Beckhausen, im Sutumer Feld, in Feldmark oder Bulmke-Hüllen Ziel von Einbrechern. Vergangene Woche sind außerdem Lauben an der Plutostraße aufgebrochen worden. Wenn es so etwas wie den idealen Täter in Kleingärten gäbe, dann den: Den Dieb, der Alkohol aus Lauben klaut, seinen Rausch an Ort und Stelle ausschläft – bis die Polizei kommt. Dieser Straftätertyp ist bei der Ermittlungsarbeit indes die Ausnahme.

Hoffen auf Bestandsschutz

Für Ostermann und die Geschädigten vom KGV Wiehagen gesellen sich die beiden Einbruchsnächte zu grundsätzlichen Problemen (nicht nur) ihres Vereins. Immer noch schwebt die Abrissbirne über 25 Hütten, die die vorgeschriebenen Maximalgröße von 24 Quadratmetern übersteigen. Zum Teil minimal. Das Problem wurde öffentlich diskutiert, nachdem Ostermanns Verein „den Mund aufgemacht hat“. Seitdem hat die Hoffnung einen Namen: Bestandsschutz.