Gelsenkirchen.

Sie helfen, beraten und handeln im Ermessen des Kranken. Betreuer sind das zweite Gewissen, wenn man als Person nicht mehr im Stande ist, selbstständig zu entscheiden. Wenn dieses Engagement noch ehrenamtlich geschieht, muss es gewürdigt werden. Das sieht auch die Gelsenkirchener Beratungsstelle so und hat für 200 ehrenamtliche Betreuer einen Nachmittag ohne Stress und Verantwortung ausgerichtet.

„Es ist eine Aufgabe, die anspruchsvoller und gewichtiger ist als vieles andere, was einem im Leben begegnen kann.“ Mit den Worten seiner Rede traf Oberbürgermeister Frank Baranowski genau den Nerv des Publikums. 200 ehrenamtliche Betreuer waren zum Nachmittag voller Information und Unterhaltung gekommen. Ausrichter war das Team der städtischen Beratungsstelle, die ihren Ehrenamtlern einen Nachmittag ohne Verantwortung und Stress schenken wollte.

Vorsorgevollmachten steigen

Es gab Kaffee und Kuchen. An langen Tischen haben die ehrenamtlichen Betreuer in der Gerhard-Hauptmann-Realschule Platz genommen.„Wir wollen an diesem Tag auch den gemeinsamen Austausch fördern“, sagt Christiane Wendt von der Betreuungsstelle. Als Programmpunkt haben sich die Organisatoren einen Mix aus Unterhaltung und Information ausgedacht. Auf der Bühne trat die Behindertengruppe der Wichernhauses auf. Als Putzfrau sprach Maria Buike das Thema Vorsorgevollmacht kabarettistisch an.

„Während die Anzahl der ehrenamtlichen Betreuer im Laufe der letzten Jahre gesunken ist, sind die ausgefüllten Anträge auf Patientenvollmachten gestiegen“, berichtet Christiane Wendt. Das liege vor allem an dem steigenden Bewusstsein, das einmal die Zeit kommen könnte, bei der man selbst nicht mehr entscheiden kann.

44 Prozent der Betreuer sind Familienangehörige

Wie es ist, wenn dieser Fall eintritt, hat Karsten Vogel in der eigenen Familie erlebt. Seine Mutter ist an Demenz erkrankt. „Für mich hat sich die Frage nicht gestellt, ob wir einen Pflegedienst in Anspruch nehmen. Mir war sofort klar, dass ich meine Mutter betreuen werde.“ Die wichtigsten Dinge, so sagt er, haben sie schon vorher gemeinsam geregelt. „Seit diesem Jahr betreue ich meine Mutter nun und möchte das so lange tun, wie ich es kann.“ Auch für seine Mutter sei dies ein klarer Vorteil, denn sie müsse sich nicht an fremde Betreuer gewöhnen.

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Rund 44,8 Prozent der Betreuer in Gelsenkirchen stellen die Familienangehörigen. Doch neben den Kindern, die sich um ihre Eltern kümmern, kann der Fall zum Beispiel bei einem behinderten Kind auch andersherum eintreten.

„Wichtig ist, dass es eine Vormundschaft schon lange nicht mehr gibt. Was hier passiert ist Betreuung und keine Entmündigung, damit immer noch ein frei bestimmtes Leben möglich ist“, erklärt Christiane Wendt die Situation.

Der Zusammenhalt in der Familie sei in der heutigen Zeit nicht mehrgroß, wie er es vor einigen Jahrzehnten war. Daher sei es, so Wendt und auch OB Baranowski, nicht selbstverständlich seine Zeit für dieses schwierige Ehrenamt zu opfern.