Gelsenkirchen.
Gut Ding will manchmal Weile haben. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass Politik und Verwaltung in Gelsenkirchen einen Schnellschuss vermeiden wollen, wenn es um die Einführung eines Bürgerhaushaltes geht. Dass der kommen wird, ist längst vom Rat beschlossene Sache. Geplant war der Start zum Haushaltsjahr 2014. Dieser Termin ist nun verschoben worden: Premiere soll zum Haushaltsjahr 2015 sein.
Eine Idee der Grünen
Es waren die Grünen, die im September 2011 die Diskussion mit einem Interview in der WAZ in Gang setzten. Fraktionssprecher Peter Tertocha brachte anschließend den Antrag auf den Weg. Für ihn war es die logische Konsequenz, diesen Schritt zu gehen, nachdem das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2009 flächendeckend eingeführt worden war. Damals galt als Vorbild für einen möglichen Gelsenkirchener Bürgerhaushalt das Verfahren der Stadt Potsdam.
Die Idee der Grünen wurde aufgenommen und fand zunehmend Unterstützung, nicht ohne den kritischen Blick aufzugeben und zu hinterfragen: Was bringt das eigentlich? Und: Wem? Die SPD-Fraktion führte zum Thema im Oktober 2012 eine nicht gerade gut besuchte öffentliche Fraktionssitzung durch – der Haushalt und seine Mechanismen, das scheint in Summe für viele Bürger zu starker Tobak zu sein.
Trotzdem will die Gelsenkirchener Politik den Versuchsballon starten. Das ist das Arbeitsergebnis einer Lenkungsgruppe, die sich aus Vertretern der Verwaltung sowie der SPD, CDU, Grünen, BBG und FDP zusammensetzte. Angelehnt werden soll der Bürgerhaushalt konzeptionell allerdings nicht mehr am Potsdamer Modell, sondern an dem der Stadt Münster. Deren Vertreter waren es auch, die in gemeinsamen Gesprächen eindringlich davor warnten, eine Einführung ohne solide Vorbereitung zu überstürzen, weil sonst Enttäuschung und Frustration bei den engagierten Bürgern entstünden sowie eine mangelnde Akzeptanz in Politik und Verwaltung drohten.
Der Münsteraner Bürgerhaushalt, bei dessen Start im Jahr 2011 sich immerhin knapp 4000 Bürger beteiligten, verfolgt diese Ziele:
– das Vertrauen der Bürger in Verwaltung und Politik zu fördern;
– Transparenz zu schaffen;
– den Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung zu fördern;
– Entscheidungshilfen für Politik zu bieten;
– eine Plattform aufzubauen, die tatsächlich eine Teilhabe der Bürgerschaft ermöglicht.
Klare Regeln
Diese Punkte muss die Verwaltung bei der Ausarbeitung eines Konzeptes u.a. berücksichtigen:
– Die Zugänge für die Bürgerschaft müssen bestimmt werden: Internet, Bürgercenter, schriftlich, telefonisch etc.
– Die Art und Weise, wie aus den Vorschlägen eine Bestenliste erstellt wird.
– Die Organisation innerhalb der Verwaltung muss geklärt werden.
– Es müssen klare Spielregeln für die Bürgerinnen und Bürger aufgestellt und mitgeteilt werden, damit klar ist, was künftig mitbestimmt werden kann und was nicht. Denn viele Ausgaben der Stadt können unter dem Titel „Pflichtaufgaben“ zusammengefasst werden, die nicht diskutierbar sind.
In Münster können auf einer eigens geschaffenen Homepage online Vorschläge gemacht und dann bewertet werden. Die Ideen, die am besten bewertet werden, werden von der Verwaltung auf ihre Umsetzbarkeit und ihre Wirkung auf den städtischen Haushalt geprüft.
Anschließend entscheidet der Rat, welche Vorschläge berücksichtigt werden.