Gelsenkirchen. SPD-Fraktion lud zur öffentlichen Sitzung ein „Brauchen wir einen Bürgerhaushalt?“

Brauchen wir einen Bürgerhaushalt in Gelsenkirchen?, fragte die SPD-Fraktion. Sie holte sich Fachreferenten zu dem Thema und lud Bürger zur offenen Sitzung ein. Die vielen freien Plätze in der AWO an der Grenzstraße schienen schon einen Trend anzudeuten. Das Thema Haushalt empfinden Bürger als kompliziert und unüberschaubar. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Dr. Günter Pruin lag sicherlich richtig mit seiner Einschätzung, mit der Mitbestimmung auch falsche Hoffnungen zu wecken, die nicht zu erfüllen seien. 90 Prozent im Haushalt seien Pflichtaufgaben, die ohnehin nicht zur Disposition stünden. Pruin glaubt, dass Politik in die Klemme gerate, wenn sie gegenüber Bürgern zu erläutern hätte, was sie ohnehin tun müsse.

Beteiligung auf Dauer

Eine stärkere Bereitschaft in der Gesellschaft, sich zu beteiligen, sieht Dr. Hanspeter Knirsch. Der ehemalige Kämmerer und Stadtdirektor berät jetzt Gemeinden. In 237 von 12.000 Kommunen und Kreisen existiere bereits ein Bürgerhaushalt. Werde er ernst genommen, müsse die Beteiligung über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, das Verfahren auf Dauer angelegt sein.

Der Experte sieht in der regelmäßigen Einbindung der Bürger nicht nur eine Stärkung lokaler Demokratie, sondern auch eine Steigerung der Akzeptanz politischer Ideen. Die meisten Städte erreichten die Bürger übers Internet und über Versammlungen. In Essen ist die Beteiligungsquote von 0,7 Prozent eher ernüchternd, während sich in Bonn immerhin 4 Prozent aktiv einbrachten.

Transparenz gewünscht

Marcus Bloser, der die Politik hauptberuflich als „Dialoggestalter“ berät, hält den Begriff Bürgerhaushalt nicht für glücklich. Ein Haushalt sollte immer im Interesse der Bürger verabschiedet werden. Für die geringe Bürgerbeteiligung in manchen Städten macht Bloser auch die fehlende Transparenz des Haushalts verantwortlich. „Das Gebilde ist zu komplex, viele interessiert das nicht.“

Geringe Gestaltungsmöglichkeiten und die Unverbindlichkeit von Ergebnissen hielten offensichtlich viele Bürger davon ab, sich stärker einzubringen. Bloser hält nachvollziehbare Informationen für wichtig und plädiert dafür, Bürger in das „Wie“ des Dialogs mit einzubeziehen. Gestaltungsspielräume und Perspektiven müssten klar und ehrlich benannt werden. Er empfiehlt, mit Bürgern über die zukünftige Entwicklungsmöglichkeit der Stadt zu diskutieren. „Reden Sie nicht nur übers Sparen, denn ohne positiven Perspektiven ist der Dialog ein Leidensprozess.“