Gelsenkirchen. . . . . aber nur auf dem Papier. In einer Schreibwerkstatt lernen GSÜ-Schüler im Grundkurs Deutsch, wie sie eine Geschichte schreiben. Schriftsteller Nicol Ljubic zeigt es ihnen.

Fünf Jugendliche von der Gesamtschule Ückendorf haben ihrem Oberstufenleiter Thomas Görges seinen Kleinbus gestohlen und sind damit auf der Flucht ... Wer jetzt seine Vorurteile über die Schüler der GSÜ bestätigt sieht, wird allerdings enttäuscht. Denn das kleinkriminelle Szenario spielt sich nur in der Fiktion ab und ist in den Köpfen des Grundkurses Deutsch der Stufe 11 entstanden. In einer mehrstündigen Schreibwerkstatt greift ihnen einmal pro Monat der Schriftsteller Nicol Ljubic unter die Arme. Am Ende des Projekts soll ein Buch stehen.

„...Wenigstens ist er aus diesem Drecksloch raus. Wie weit würde dieser Affenzirkus überhaupt kommen ohne Führerschein?“ Dennis, einer der fünf Protagonisten der Geschichte, will abhauen aus Gelsenkirchen. Seinen Part übernehmen unter anderem Sabrin (20) aus Bulmke-Hüllen und Tufan (17) aus der Altstadt, zwei von fünf Schülern in der „Dennis-Gruppe“. „Es ist schon schwierig, auf einen Punkt zu kommen“, sagt Sabrin. „Jeder schreibt einen Satz anders. Man muss Kompromisse finden.“ Geschichten geschrieben haben sie vorher noch nie. Die neue Erfahrung mache Spaß, sagen sie und erwarten, dass nach der ersten Szene alles ein bisschen einfacher wird.

Jugendliche lassen ihre Probleme mit einfließen

Auch für Nicol Ljubic ist die Schreibwerkstatt eine neue Erfahrung. „Nach den ersten zwei Stunden mit den Schülern war mir klar, dass wir was Gutes zusammen machen können“, sagt der Literat. Die Schreibwerkstatt ist ein Projekt des Vereins für Literatur aus Dortmund und wird auch in fünf anderen Revierstädten durchgeführt. Bei der Abschlussveranstaltung im November werden alle Geschichten aus den Workshops vorgelesen.

Einmal pro Monat kommt Ljubic für acht Stunden an die GSÜ. „Während des ersten Treffens haben wir über seine Bücher und seine Biografie gesprochen“, erzählt Tufan. Und man habe sich genau angeschaut, wie er seine Bücher geschrieben hat.

Dann war es Zeit, selber etwas zu texten. Zunächst haben die Schüler einen Text über sich selber geschrieben. „Ich war echt angetan“, sagt Ljubic. „Das waren tiefe Texte, voller Vertrauen, selbstanalytisch.“ Nach dieser Übung habe man dann einen Plot für die gemeinsame Geschichte entwickelt. Der Prozess sei ihm wichtiger als der Text, so Ljubic. Bis zu acht Szenen à zehn Seiten sollen es werden. In ihre Geschichten lassen die Jugendlichen ihre Probleme mit einfließen. Jeder will aus einem anderen Grund abhauen: Zwangsverlobung, Familienstreit oder einfach nur weg aus Gelsenkirchen. So wie Dennis.