Gelsenkirchen. . Schulen müssen nun die Reisekosten der Lehrer übernehmen. Ein teurer Spaß

Gestoppt. Auf Eis gelegt. Vorläufig keine Genehmigungen. So reagieren viele Gelsenkirchener Schulleiter auf die Frage nach Klassenfahrt-Plänen für 2013. Das Problem: Neuerdings müssen die Schulen laut Landesregierung die Fahrtkosten der Lehrer komplett übernehmen, sollen aber ihr Reisekostenbudget aus dem vergangenen Jahr als Grundlage beibehalten.

Ob und wie die gewohnten Programme mit Sprachreise und Abschlussfahrt noch umgesetzt werden können, ist offen. Die Schulleiter hängen in der Luft. „Natürlich ist es ein komplexes Thema, das durchdacht werden muss, aber an den Schulen drückt es. Wir brauchen Planungssicherheit“, sagt Manfred Gast, Schulleiter des Grillo-Gymnasiums.

„Wir haben unser Budget mit den tatsächlichen Kosten des vergangenen Jahres gegengerechnet: Wir kamen auf eine Differenz von rund 3000 Euro. Dieser Teil wurde von den Lehrern übernommen und fällt jetzt weg“, erklärt Andreas Lisson, Leiter der Gerhart-Hauptmann-Realschule. Freiwillig könnten sich die Lehrer beteiligen, die Schulleiter sollen das aber vermeiden. Denn die Lehrer haben jederzeit das Recht, die Kosten einzufordern. Außer den Fünferfahrten werde wohl mehr nicht drin sein.

„Bei 200 Euro pro Fahrt für zwei Lehrer und einem Etat von 2400 Euro können wir maximal zwölf, wahrscheinlich zehn Fahrten im Jahr durchsetzen – macht pro Schüler ein bis zwei, statt drei Klassenfahrten überhaupt“, sagt Achim Elvert, stellvertretender Schulleiter der Gesamtschule Ückendorf, „damit nehmen wir den Schülern einen wichtigen Bestandteil ihrer Schulzeit. Klassenfahrten sind doch das, woran man sich später am liebsten erinnert.“

Fahrt mit 25-jähriger Tradition

Eine Fahrt mit 25-jähriger Tradition ist die Skifreizeit des Grillos nach Jochgrimm. „Aus Sicherheitsgründen müssen aber sechs bis sieben Kollegen mitreisen. Mit einem Jahresbudget zwischen 1500 und 1600 Euro könnte dann keine andere Fahrt mehr organisiert werden“, sagt der Schulleiter.

Den Kritikpunkt, Klassenfahrten seien Urlaube unter schulischem Deckmantel, lässt kein Schulleiter gelten: „Wir sind kein Tourismus-Unternehmen“, stellt Gast fest. Auf preisgünstige Fahrten achten die Schulen schon seit Jahren. Eine Finanzspritze durch den Förderverein sieht Gast nicht: „Das wäre keine direkte Schüler-Förderung, sondern eine Kostenübernahme für die Lehrer. Ich denke nicht, dass dafür Fördergelder eingesetzt werden können.“

Ein kritischer Punkt bei Klassenfahrten sind so genannte „Freiplätze“. Manche Reiseunternehmen bieten an: Zwei Lehrer fahren kostenlos. „Ich rate den Kollegen da zur Vorsicht“, sagt Grillo-Leiter Manfred Gast, „das könnte als Vorteilnahme im Amt ausgelegt und geahndet werden.“

Rechtliche Probleme

Andreas Lisson ist da anderer Meinung. Im Online-Bildungsportal des NRW-Schulministeriums ist unter dem Punkt „Dienstrecht“ das Dokument „Annahmen von Belohnungen und Geschenken im Lehrbereich“ zu finden. Hier werden Ausnahmen unter der Überschrift „Die Zustimmung kann in folgenden Fällen als stillschweigend erteilt angesehen werden“ angeführt.

Lisson verweist auf den letzten dort genannten Punkt, wonach „die Inanspruchnahme eines vom Reiseveranstalter angebotenen Freiplatzes durch eine die Klassenfahrt begleitende Lehrkraft nach Maßgabe des Erlasses vom 7. Juni 2005 (222 – 6.08.01.18.01.01)“ eine solche stillschweigende Zustimmung erhalten würde. Bekommt ein Kollege also ein solches Angebot, „soll er das auch nutzen. Gibt es Probleme verweise ist auf die entsprechende Stelle“, sagt Lisson. „Dennoch“, so sagt er, „kann es nicht sein, dass wir uns in einer Grauzone zwischen legal und illegal bewegen müssen“ und fordert eine „explizite Regelung.“