Gelsenkirchen. . Emschertainment-Chef Helmut Hasenkox erzählt übers Booking. So hart die Branche auch sei: alte Beziehungen werden gepflegt. Der Nachwuchs wird auf der Kulturbörse Freiburg und im Internet gesucht.

Wie kommt der Künstler auf die Bühne? Wie holt man eine erfolgreiche Kabarettistin in die Stadt? Und wie erkennt man einen Shootingstar, bevor er durch die Decke geht? Helmut Hasenkox (53), programmverantwortlicher Geschäftsführer bei Emschertainment (Dietmar Lumma ist fürs Kaufmännische zuständig.) verrät, worauf es beim „Booking“ – beim Buchen von Künstlern – ankommt.

„2013 ist passiert“, sagt Hasenkox. Der Terminkalender ist zu, nichts geht mehr, man plant schon für das zweite Halbjahr 2014. Im Schnitt seien für Buchungen nämlich anderthalb Jahre Vorlauf nötig. „Je größer der Künstler, desto größer der Vorlauf“, so der Emschertainment-Mann. Bei Reinhard Mey wären es sogar zwei Jahre.

Alle gehabt, die heute groß sind

Aber hin und wieder frage auch einer der Großen von sich aus kurzfristig einen Termin an. In der Vergangenheit sei das etwa Herman van Veen gewesen. Nur drei Monate lagen zwischen Anfrage und Termin, geklappt hat es trotzdem. Und zwar im Musiktheater. Das ist erst recht keine Selbstverständlichkeit, weil die „Booker“ von Emschertainment immer erst die hauseigene MiR-Planung abwarten müssen, bevor sie eigene Termine anfragen. Diese Kurzfristigkeit kollidiert dann wiederum mit dem langen Vorlauf der „Big Shots“, wie Hasenkox sie nennt.

„Alle, die heute in den großen Buden spielen, waren schon in der Kaue“, sagt der Emschertainment-Geschäftsführer und zählt auf: Mario Barth, Bülent Ceylan, Cindy aus Marzahn, Herbert Knebel... Künstler wie diese habe man aufgebaut, den Kontakt gehalten. Das zahle sich dann in Zusagen aus. Den Künstlern werden keine Gagen gezahlt, sie werden an den Erlösen beteiligt. Der Star auf der Bühne bekäme etwa 20 Prozent, 40 Prozent wanderten in die Tasche des Managements.

„Feste Gagen gibt es nur dann, wenn es keinen Eintritt gibt, wie z.B. beim Blind Date“, sagt Hasenkox.

Quellen: Kulturbörse und Youtube

Einmal im Jahr findet in Freiburg die Kulturbörse statt. „Das Mekka für Veranstalter. Fast alle Agenturen sind mit ihrem Nachwuchs dort“, so der Emschertainment-Chef. Im 15-Minuten-Rhythmus würden sich Künstler aus allen möglichen Sparten (Musik, Jonglage, Straßentheater, Comedy...) in verschiedenen Hallen auf Bühnen den Veranstaltern präsentieren. Wer gefällt, wird anschließend am Stand aufgesucht. Eine andere wichtige Quelle ist das Internet-Videoportal Youtube. Unter der Woche sammeln drei Emschertainment-Booker Material, jeden Dienstag ist Booking-Runde. Hasenkox:

„Der Nachteil bei Youtube ist, dass man nicht sehen kann, wie etwas beim Publikum wirkt.“

Helmut Hasenkox über...

Nachwuchs:„Man springt nicht auf den Zug auf, wenn er fährt. Man muss in der Genese dabei gewesen sein. Wer von Beginn an dabei war, hat bessere Chancen, wenn der Künstler groß ist. 1996 wollten wir Sissy Perlinger und haben stattdessen Michael Mittermeier bekommen. Er hat vor 60 Leuten in der Kaue gespielt und ich fand ihn großartig.“
Emscher-Lippe-Halle: „Einen Architekturpreis wird sie nicht mehr bekommen. Aber das kann man mit gutem Service ausgleichen. . . Keine Stadthalle schreibt schwarze Zahlen. Gelsenkirchens Nachbarstädte sind in dieser Hinsicht zwar besser aufgestellt, aber trotzdem agieren wir auf Augenhöhe.“
Youtube: „Youtube macht den Markt schwieriger. Der ,Produktlebenszyklus’ eines Künstlers wird kürzer. Das ist vergleichbar mit einer Aktie: schneller Aufstieg, schneller Fall. Ganz anders ist es bei Leuten wie Herbert Knebel. Die sind dauerhaft etabliert.“
Gags: „Ich lache nicht mehr. Auch bei der Kulturbörse langweilen sich die Veranstalter im Publikum. Alle Witze sind erzählt. Die Comedians klauen untereinander gnadenlos, die Branche ist knochenhart.“
Kaue: „Bei Kaue-Shows zahlt man drauf, sie ist hochdefizitär. . . Wenn im Vorfeld weniger als 50 Karten verkauft worden sind, fragen wir den Künstler, ob er auftreten will. Bei so wenig Publikum muss man erstmal bestehen. Aber es gibt ganz viele, die so angefangen haben: Bei Piet Klocke waren es zwei Leute und ein Schäferhund.“