Gelsenkirchen. .

Jedes Mal, wenn Hüseyin Gerceker seine Haustür für Besucher öffnet, blickt er in diesen offenen Rollladenkasten, durch den der Wind pfeift. Eigentlich hätte das alte Ding längst repariert werden sollen.

Aber niemand kümmert sich. Nicht um den undichten Kasten, nicht um den Wasserschaden im Flur oder den Schimmel im Wohnzimmer. „Es tut sich einfach nichts“, seufzt Hüseyin Gerceker. Seit Jahren stauen sich die Sanierungen in seiner Wohnung und denen seiner Nachbarn an der Zweckeler Straße. Der Vorwurf: „Vermieter und Verwaltung reagieren einfach nicht.“

Ein Ordner voll Verzweiflung

Hüseyin Gercekers ganze Verzweiflung steckt in einem Ordner. Prall gefüllt mit Unterlagen liegt er vor ihm auf dem Küchentisch der 71 m² großen Wohnung. Und da fängt das Problem schon an. „Eigentlich sind es nur 69 m²“, sagt der Maschinenbaustudent und blättert hin und her. Die Unterlagen sind sein einziger Beweis – dafür, dass da etwas nicht stimmt.

2008 unterzeichnete er den Mietvertrag mit dem Eigentümer: einer Liegenschaftsfirma in Bochum. Damals sei die Kommunikation mit dem Hausverwalter bereits schwierig gewesen, erinnert sich Gerceker. Angezeigte Mängel in der Wohnung wurden nicht repariert, auf Anfragen wurde der Mieter immer wieder vertröstet. „Dann habe ich vier Monate keine Miete gezahlt, um zu schauen, ob sich was tut.“ Aber: keine Reaktion.

Falsche Abrechnungen

Gerceker kramt Quittungen, Handelsregisterauszüge und Abrechnungen hervor – er hat viel recherchiert. In den vier Jahren, in denen er mit seiner Frau an der Zweckeler Straße wohnt, wechselte viermal die vom Eigentümer beauftragte Verwaltung.

Mittlerweile ist eine Firma in Essen beauftragt. „Dort werde ich immer wieder vertröstet.“ Inzwischen geht es nicht mehr um den Rollladenkasten. Es geht auch um falsche Nebenkosten-Abrechnungen oder Heizöl-Liefermengen. Er nennt das „Betrügereien.“

Gerceker will weiter kämpfen 

Die Polizei, das Finanzamt, Mieterverein – an alle hat sich Gerceker gewandt. „Keiner konnte mir helfen.“ Daher macht er sich selbst auf die Suche. Der Eigentümer wechselte ebenfalls, zumindest auf dem Papier. Gerceker zieht aus seinem Ordner drei Listen mit Adressen. „Die Gesellschaft hat viele Immobilien im ganzen Ruhrgebiet.“ Seine Vermutung: „Die wollen nur kassieren – wir Mieter sind denen egal.“

Bei der nun beauftragten Verwaltung, mit Sitz in Essen, heißt es, man habe das Objekt erst vor kurzem übernommen. Die Sachbearbeiterin war am gestrigen Donnerstag auf WAZ-Anfrage für eine Stellungnahme jedoch nicht zu erreichen. Huseyin Gerceker will weiter kämpfen. Auch wenn er dafür weiter mit dem offenen Kasten und anderen Mängeln leben muss. „Die rechnen doch damit, dass die Mieter irgendwann aufgeben.“ Da haben sie nicht mit ihm gerechnet.

„Da hilft nur eine Klage“

„Solche Fälle gibt es zehntausendfach“, weiß Ernst Georg Tiefenbacher, Vorsitzender des Mietervereins Gelsenkirchen. „Das hat System.“ Meist handele es sich um große Unternehmen, die Wohnungen als Anlageobjekte nutzen, Profit aussaugen, um sie dann wieder zu veräußern. Sanierungen passen da nicht ins System. Dass alle paar Monate die Verwaltungen wechseln, sei übliche Masche. „Das passiert bei allen Wohnungsriesen, die fremdbewirtschaftet sind“, erklärt Tiefenbacher. Dies treffe auch auf diesen Fall zu. Wie kann man sich als Mieter helfen?

„Der einzige Weg führt über das Gericht.“ So haben Mieter die Möglichkeit, eine Instandsetzungsklage beim Zivilgericht einzureichen. Handelt es sich um kleinere Sanierungen oder Reparaturen, bestehe zudem die Möglichkeit, dem Vermieter eine Frist zur Beseitigung der Mängel zu setzen. Folgt keine Reaktion, könne der Mangel selbst beseitigt, die Kosten dafür von der Miete abgezogen werden. „Dies geht natürlich nicht, wenn es sich um teure Reparaturen handelt.“ Auch hier rate er eher zur Klage. Und zu „flankierenden Maßnahmen“, sagt Tiefenbacher. Also: „Mietminderungen.“

„Bestehen Zweifel an der Nebenkostenabrechnung, muss der Endbetrag nicht bezahlt werden, bis der Zweifel aufgeklärt ist.“ In jedem Fall sollten sich Betroffene an einen Rechtsanwalt oder den Mieterverein wenden: 24918.