Gelsenkirchen. . Am Montag wird im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages eine Mietrechtsänderung diskutiert, die Mietern künftig keine Möglichkeit mehr gibt, sich gegen energiesparende Sanierung zu sperren. Der Gelsenkirchener Richter Dr. Ulf Börstinghaus findet die Änderungen im Prinzip fair.
Wenn am Montag der Rechtsausschuss des Bundestages die Sachverständigen zur geplanten Mietrechtsänderung anhört, wird auch der Gelsenkirchener Dr. Ulf Börstinghaus, Richter und Vorsitzender des Deutschen Mietsgerichtstages, sein Statement abgeben. Das wird, hat der 57-Jährige im Gespräch mit der WAZ bereits verraten, zweigeteilt ausfallen. Denn die Gesetzesänderung ist nicht komplett ausgereift, bietet noch Spielraum für Streitfragen. Und im Zweifelsfall viel Arbeit für Sachverständige und Gerichte.
Zwei Kernpunkte sind es, die die Novelle Anfang 2013 mit sich bringt: So können Vermieter künftig auch gegen den Willen der Mieter ihre Gebäude sanieren, das Bürgerliche Gesetzbuch wird um entsprechende Regelungen ergänzt. „Auch dürfen die Mieter drei Monate lang nicht wegen Bauarbeiten die Miete mindern, wenn die Arbeiten dazu dienen, das Haus energetisch zu sanieren“, erklärt Börstinghaus. Früher konnte ein Mieter mit seinem Veto energetische Modernisierungen blockieren, künftig wird das nicht mehr möglich sein.
330.000 Mietprozesse im Jahr
Eine an sich fairere Regelung, wie auch Börstinghaus aus der Praxis weiß. Von bundesweit 330000 Mietrechtsprozessen jährlich beschäftigt sich das Gros, etwa 75 Prozent, nämlich mit Betriebskosten und Räumungsklagen. „Modernisierungsmaßnahmen sind eher selten strittig“, sagt der Richter, „weil Mieter und Vermieter gleichermaßen das Bedürfnis haben, Kosten zu sparen.“ Zumal beide Seiten, und da gerade große Wohnungsgesellschaften, bereits im Vorfeld das Gespräch mit ihren Mietern suchen und auf deren Wünsche eingingen.
Strittig wird eine energetische Sanierung und die damit verbundenen Mieterhöhung aber, da ist sich Börstinghaus sicher, weil der Gesetzestext solche Fälle nicht klar aufschlüsselt. Z. B., wenn ein Vermieter neben der Dämmung auch noch die Dachrinnen erneuern lässt. Oder nur in eine neue Pellet Heizung investiert. „Ich sehe jetzt schon, wie sich Sachverständige die Hände reiben.“ Sprich: In Streitfragen – Sanierung oder Instandsetzung –klingeln die Kassen.
Finanzielle Verhältnisse belegen
Der Mieter kann sich zur Wehr setzen, wenn die Modernisierung eine „besondere Härte“ darstellt. Mieterhöhung infolge Modernisierung wird aber als solche Härte nicht anerkannt. „Im Zweifelsfall“, sagt der 57-Jährige forsch, „muss der Mieter vor Gericht die Hosen runterlassen.“ Und seine finanziellen Verhältnisse belegen. Allerdings dürfen Vermieter auch künftig nur jährlich elf Prozent der Baukosten auf den Mietpreis aufschlagen – und das auch nur, soweit die Vergleichsmieten am Ort das zulassen.