Gelsenkirchen.

„Endlich“, seufzte Halfmannshof-Künstler Heiner Szamida gestern zufrieden im Wissenschaftspark. Ursache seines Stoßseufzers: die Tagung „Künstler und Kunst im Nationalsozialismus“.

Auf Einladung der Stadt und des Instituts für Stadtgeschichte beleuchtete am gestrigen Freitag einen ganzen Tag lang ein Expertenteam die Zeit in der Künstlersiedlung Halfsmannshof vor und während des Dritten Reiches. Der Blick fiel auch noch auf die Jahre nach 1945. Eine Analyse, die nach Ansicht Szamidas schon lange fällig war.

Ein positives Fazit zieht auch Prof. Dr. Stefan Goch vom einladenden Institut für Stadtgeschichte. „Am Beispiel der Halfmannshof-Künstler können wir eine Form des Verhaltens während des Nationalsozialismus’ analysieren.“ Die Erkenntnis der Tagung: „Es gab auch in Gelsenkirchen Künstler, die sich anders verhalten haben“, so Goch. Die seien etwa in die innere Emigration geflüchtet oder aber hätten sogar Widerstand geleistet.

Arbeit im Sinne des Systems

Die Fachtagung, an der rund 30 interessierte Bürger teilnahmen, widmete sich zum einen den sozialgeschichtlichen, zum anderen den kunsthistorischen Aspekten. Kenntnisreich informierte Dr. Christian Fuhrmeister vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München über die Kunst im Nationalsozialismus im Allgemeinen.

Den Halfmannshof nahm Dr. Holger Germann von Institut für Stadtgeschichte unter die Lupe. Germann hatte bereits im letzten Jahr das Buch „Geht Kunst nach Brot?“ veröffentlicht. Gestern gelang es ihm brillant, einzelne Biografien der Künstler nachzuzeichnen, die als erste den Halfmannshof Anfang der Dreißiger Jahre bezogen. Darunter Josef Arens und Hubert Nietsch.

Stellwände lieferten zusätzliche Daten und Fakten und Fotos über die erste Mannschaft des Hofes. Germann erinnerte an die frühe Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Adolf Hitler und den ersten großen Auftrag für den Halfmannshof.

Alternativen jenseits des Mitmachens

Nietsch fertigte nicht nur ein Kohle-Stahl-Relief für den Diktator, sondern kam durch die Überreichung auch nah in seinen Dunstkreis: „Der Halfmannshof erhielt später auch Aufträge der Wehrmacht.“ Das Fazit Germanns: „Die Halfmannshof-Künstler haben eindeutig im Sinne des Systems gearbeitet.“

Wie schwer es tatsächlich ist, Kunst in den zeithistorischen Kontext einzuordnen und zu beurteilen, was Nazi-Kunst ist und was nicht, darüber informierte der Recklinghäuser Kunsthistoriker Reinhard Buskies am Beispiel der Werke von Arens und Nietsch. Welche Alternativen es tatsächlich jenseits des Mitmachens für die Künstler gegeben hat, beschrieb Goch.

Helmuth Kloth vom Künstlerhof zog das Fazit: „Neue Erkenntnisse habe ich nicht bekommen, aber die Vorträge waren sehr interessant und gut.“ Prof. Goch gilt die Tagung als Anlass, sich in Zukunft mit weiteren Teilen der Gelsenkirchener Kunstgeschichte auseinanderzusetzen.