Gelsenkirchen. Heiner Szamida lässt den Blick schweifen. Über Holzstapel und -paletten, über Sägen in allen Formaten, über Berge von Feilen und robuste Maschinen. Eine klassische Werkstatt. „Wenn ich hier raus müsste, das wäre eine echte Katastrophe.“ Heiner Szamida ist Künstler, genauer: Halfmannshofkünstler. Und das seit fast drei Jahrzehnten. Ein Auszug aus der Künstlersiedlung ist für den 59-Jährigen „eine Horrorvorstellung“.

Heute entscheidet der Rat auch über die Zukunft von Heiner Szamida. Stellt zumindest entscheidende Weichen, wenn er das von der Verwaltung vorgelegte Zukunftskonzept auf den Weg bringt. Wie berichtet, sieht das Konzept eine Umwandlung der seit 1931 existierenden Institution in ein „Kreativquartier Halfmannshof“ mit mehr Wohn- und Galerieeinheiten vor.

Zurzeit leben noch sieben Künstler und ein Künstlerpaar auf dem Hof. Viel Knatsch untereinander hat es gegeben in den letzten Monaten, um eine geplante Ausstellung über die Nazi-Vergangenheit, über den Verein, dem inzwischen nur noch vier Künstler angehören. „Ach, Konflikte hat es schon immer mal gegeben auf dem Hof, das ist doch wie in einem normalen Mietshaus“, sagt Szamida. Die Zusammenarbeit hänge eben auch von Persönlichkeiten ab und wie die miteinander harmonieren.

Für den gebürtigen Gelsenkirchener, der sich in seinem Werk vor allem der sogenannten konkreten Kunst widmet, war es schon früh ein großer Traum, einmal auf dem Halfmannshof zu leben: „Der war doch damals eine Legende, ein Aushängeschild der Stadt. Von der Szene dort, von den großen Namen, die den Hof geprägt haben, war ich fasziniert.“ Künstlerkollege Jiri Hilmar ermunterte ihn Anfang der 80er, sich um einen Platz auf dem Hof zu bewerben: „Unter 20 Interessenten erhielt ich den Zuschlag.“

Die Freude war groß, die Arbeit riesig: „Das Fachwerkhaus war damals in einem sehr schlechten Zustand, zwei Jahre lang lebten wir auf einer Baustelle.“ In Eigenarbeit wurden die Wände isoliert bis hin zur Dachspitze, die Böden gemacht, eine Heizung eingebaut, die Leitungen erneuert. Unten entstand die Künstlerwerkstatt, in der oberen Etage lebt Szamida mit seiner Frau.

Neben seinem eigenen Werk engagiert sich Szamida vor allem für künstlerisches Arbeiten mit Kindern: „Das würde ich hier gerne weiter leisten.“ Er hätte auch kein Problem damit, wenn er in Zukunft für das bislang kostenlose Atelier Miete bezahlen müsste, ist zu Konzessionen bereit, bereit, sich einzubringen, Vorschläge zu machen. Der Mär, dass die Künstler auf dem Hof Wohnrecht auf Lebenszeit haben, widerspricht Szamida: „Das steht nicht im Mietvertrag, war eher eine Tradition.“

Szamida hofft, dass das vorlegte Konzept für den Halfmannshof noch nicht in Stein gemeißelt ist, dass es noch Mitsprachemöglichkeiten gibt: „Dass der wirtschaftliche Druck groß ist, kann ich nachvollziehen. Ich bin bereit, mich einzubringen.“ Er hält Zeitverträge für Künstler für denkbar, den Einzug von Stipendiaten, die Einrichtung eines Cafés, um den Hof zu beleben, hält aber auch eine große Ausstellungshalle für unabdingbar--im Namen der Kunst.