Gelsenkirchen. . 60-Jähriger klagt gegen die Kündigung durch St. Gobain. Betrieb wird abgewickelt.
Achim Wagner ist Ur-Schalker. Damit meint er aber nicht die Knappen, sondern seinen Dienstherrn. Vor 46 Jahren begann er als 14-Jähriger seine Lehre bei Rheinstahl als Betriebsschlosser. Jetzt soll Ende April mit 60 Jahren sein letzter Arbeitstag sein. Vor dem Arbeitsgericht wehrt sich der Mann gegen die Kündigung.
Der Arbeitgeber heißt längst nicht mehr Schalker Verein oder Thyssen. Der Weltkonzern St. Gobain wickelt die Reste des einstigen Industriegiganten ab. Ganze 12 von ehemals fast 7000 Mitarbeitern sind übrig geblieben. Achim Wagner ist verantwortlich für die Instandhaltung.
Guss-Formstücke, die heute Brasilianer, Chinesen oder Tschechen produzieren, werden hier nur noch beschichtet. Die gusseisernen Rohre dienen als Wasser- und Abwasserleitungen. Bis 2004 wurden sie noch in Gelsenkirchen produziert, doch das know how nahm weltweit zu.
"Ich will fair behandelt werden"
Der 60-Jährige sieht sich im besten Alter, will unbedingt weiter arbeiten. Der Arbeitgeber, so sein Argument, gehöre zu den großen Konzernen. Da könne erwartet werden, dass nach 46 Jahren Betriebszugehörigkeit ein Arbeitsplatz bei einer der Konzerntöchter angeboten werde. Als Beispiel nennt Wagner den Flaschen- und Glasproduzenten in Karnap und Rigips in Scholven.
Personaldirektor Wolfgang Esser will von seinem Angebot keinen Millimeter abweichen. Wenn die Gussform im April eingestellt werde, sei die Betriebsstätte nicht mehr existent. Mit elf Mitarbeitern habe man sich einvernehmlich geeinigt. Die Absicherung mit 85 Prozent des Nettolohns bis zum 63. Lebensjahr sei ein Angebot, von dem er nicht mehr abrücken wolle.
Achim Wagner macht eine andere Rechnung auf. Er verliere nicht nur zwei Beitragsjahre zur Rentenversicherung, sondern müsste mit 63 eine Kürzung der Rente um neun Prozent in Kauf nehmen. Der 60-Jährige will nicht als raffgierig erscheinen, wird auch von den Kollegen bei seinem Kampf vor dem Arbeitsgericht unterstützt, die das Angebot von St. Gobain akzeptiert haben.
Wagner: „Ich will nicht reich werden, ich will fair behandelt werden.“ Der Sozialplan, der noch 2004 galt, sollte soziale Härten mindern. Wenn er heute noch nachwirkte, weiß Wagner, wäre der Abfindungsbetrag wesentlich höher. Am 15. Januar entscheidet das Gericht beim Kammertermin.