Gelsenkirchen. Immobilien an der Ückendorfer Straße werden zwangsversteigert. Ab welcher Summe es für einen Bieter den Zuschlag gibt, bestimmen allein die Gläubiger.

Montagmorgen, 10 Uhr, Amtsgericht Gelsenkirchen, Saal 3D. Es ist das traurige Ende eines vormals stolzen Besitzes. Das Haus an der Ückendorfer Straße 73 und die dahinter liegenden Gewerbeeinheiten kommen unter den Hammer. Sie werden zwangsversteigert.

Rechtspfleger Michael Schmülling weiß nicht, warum die Immobilien unter Zwangsverwaltung gekommen sind. Das ist auch nicht seine Aufgabe. Ob traurige Schicksale eine Rolle spielen, ist an diesem Morgen zweitrangig. Vielmehr geht es darum, ein Stück Zukunft zu gestalten. Ein neuer Besitzer soll gefunden werden. Jemand, der investiert, der dem Gebäude ein neues Gesicht gibt und der Gewerbeeinheit frisches Leben einhaucht.

Elf Interessenten sind gekommen

Elf Interessenten haben in den beiden Stuhlreihen hinten im Raum Platz genommen. Davor, sich gegenüber, sitzen die Gläubiger der beiden zu versteigernden Objekte. Rechtspfleger Schmülling trägt die Fakten vor, doch die meisten im Saal haben sich längst in das zuvor ausliegende Gutachten eingelesen, wissen, was sie erwartet.

„Das geringste Bargebot liegt bei 20.075,19 Euro“, sagt Schmülling. Für die fünf Gewerbeeinheiten hinter dem Haus, die gemeinsam veräußert werden sollen, ruft er mindestens 12.852,59 Euro auf. Unglaublich, wenn man die Gutachtenwerte von 179.000 Euro für das Wohnhaus und 520.000 Euro für die Gewerbeeinheiten kennt. Doch die Mindestgebote sollen nur die öffentlichen Ausgaben decken. Ab wann es den Zuschlag gibt, bestimmen allein die Gläubiger.

Dritter Termin

Es ist aber schon der dritte Termin. Bei den beiden ersten haben Gläubiger und Interessenten nicht zueinander gefunden. Geschäftig tauschen sich die Interessenten aus. Einer, der ausgewiesener Profi in Sachen Zwangsversteigerungen zu sein scheint, stellt Fragen, verlässt den Saal, um zu telefonieren, kommt zurück, berät sich mit seinen Sitznachbarn.

Nach einer Unterbrechung beginnt um 11.03 Uhr die Bietzeit. 30 Minuten lang muss jeder Interessierte unter Vorlage seines Ausweises die Möglichkeit haben, sein Gebot abzugeben. Drei Männer gehen nach vorn, geben als Bietergemeinschaft ihr Angebot für die Gewerbeeinheiten ab. Der Versteigerungsprofi ist da schon nicht mehr da, hat das Interesse verloren.

Hundertausende Euro unter Verkaufswert

Zwanzig Minuten später: Die Gläubigerbank lässt durchblicken, dass ihr 55.000 Euro fehlen, um den Zuschlag zuzulassen. Die Männer beraten, gehen erneut nach vorn zum Rechtspfleger, erhöhen ihr Gebot entsprechend. Dann der entscheidende Moment. Unspektakulär, aber klassisch. „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten“, sagt Schmülling. Die Bank genehmigt die sofortige Zuschlagserteilung. Mehrere hunderttausend Euro unter dem Verkehrswert.

Einen ernsthaften Interessenten für das Wohnhaus gab es diesmal nicht. Nur ein Mann fragte beim Rechtsanwalt der Gläubigerin nach der Zuschlagsgrenze. Der Jurist wollte sich aber nicht in die Karten schauen lassen. „Keine Sonderangebote heute“, sagte er. Geschenke wollte er also nicht verteilen.