Gelsenkirchen. . Er ist nicht gerne handschmeichelnd, bedient sich gern der Zote und ist doch ein absoluter Meister des geschliffenen Wortes: Mit gewohnt spitzer Zunge überzeugte Jürgen von der Lippe das Publikum im Musiktheater in Gelsenkirchen.
„Nicht alle durcheinander – der Opa hört schlecht“, ruft Jürgen von der Lippe seinem Publikum zu und hat wie so oft die Lacher auf seiner Seite. Schon zu Beginn des Abends verriet der Entertainer, dass Selbstironie ein wichtiger Faktor für Komiker ist. Aber das war nur ein Tipp, den er in seinem „Comedy-Crashkurs für Senioren“ parat hatte: Am Sonntag zeigte Jürgen von der Lippe mit seinem Programm „So geht’s“ im Musiktheater, wie man ein „erfolgreicher älterer Komiker“ werden kann und bewies einmal mehr, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört.
Kunst der Komik
Und so führte er sein Publikum in diesem etwas anderen Seminar in die Kunst der Komik ein. Wichtig sei vor allem ein wirkungsvolles Opening, schließlich ist wie bei einem Date der erste Eindruck am wichtigsten. Und der gelang ihm dank des Schalker Derbysieges am Vortag perfekt: „Sie sind sicher noch alle angetrunken von gestern“, sagte von der Lippe als er die Bühne betrat und erklärte, dass er eine ganz besondere Verbindung zu Schalke habe. Damit sammelte er beim Gelsenkirchener Publikum direkt Punkte. Zum Start seines Programms präsentierte er aber dann zwei weitere Möglichkeiten, ein Comedy-Programm zu beginnen. Zu empfehlen sei stets ein selbstreferenzielles Opening, schließlich hat jeder „etwas Lustiges am Körper“. Er ging selbst mit gutem Beispiel voran und philosophierte über seine eigenen Figurprobleme.
Besonders wichtig sei es für einen Komiker auch, die richtigen Antworten im Interview zu finden. Dabei erzählte er von seiner Jugend als übergewichtiger „Jagdwurst-Jürgi“, zeigte, wie man sympathisch über Kinder spricht – auch wenn man selbst vielleicht etwas anderes denkt - und gab originelle, wenn auch teilweise durchaus obszöne, Baggersprüche zum Besten.
Im zweiten Teil schlüpft von der Lippe dann in verschiedene Rollen und kommt als Rocker Kalle oder als „fieser Oppa“ daher. Natürlich dürfen auch musikalische Einlagen nicht fehlen, die gewohnt gut ankamen.
Keine Ermüdungserscheinungen
Zum Schluss „singen“ Herbert Grönemeyer, Helge Schneider, Peter Maffay und Udo Lindenberg gemeinsam den Abschiedssong.
Das Publikum ist am Ende begeistert. Im Gegensatz zu vielen jüngeren Kollegen zeigt Jürgen von der Lippe auch nach 30 Jahren auf der Bühne noch keine Abnutzungserscheinungen. Tatsächlich spart der Onkel im Hawaii-Hemd nicht an Zoten, ordinären Sprüchen oder Anzüglichkeiten. Dabei liefert er aber auch genügend hintergründige Witze und Selbstironie.