Gelsenkirchen. .

Je älter der Mann wird, desto versauter scheint er zu werden. Dieses Eindrucks kann der Besucher im ausverkauften Musiktheater sich jedenfalls nicht erwehren. Wenn Jürgen von der Lippe „Das Beste aus 30 Jahren“ präsentiert, folgt im Wesentlichen ein Griff unter die Gürtellinie dem nächsten.

„Ich schlafe im gleichen Hotel wie die Bayern“, verriet das Humor-Urgestein am Dienstagabend ganz jugendfrei und versprach, vier- bis fünfmal den Feueralarm auszulösen und bei einem zufälligen Treffen mit einem Spieler im Fahrstuhl nicht zimperlich zu sein. Damit rannte der 61-Jährige beim Gelsenkirchener Publikum natürlich offene Türen ein. Aber es schien von Herzen zu kommen.

Der Entertainer ist generell für mehr Ehrlichkeit in der Welt. Ein Frisör soll nicht mehr so tun müssen, als sei er schwul. Und der Klassenlehrer von Dennis, dem „Vollpfosten“ , soll dessen Eltern die Weggabe des Sohnes nahelegen dürfen. Und wenn Jürgen von der Lippe schon mal beim Thema Lügen ist, dann landet er natürlich auch ganz schnell beim vorgetäuschten Orgasmus. Und in der Geschlechter-Thematik beißt er sich fest. Dabei kommt er aber alles andere als machohaft daher, schließlich weiß er doch, dass Männer zwar „sprachlich gesehen Kraftmeier“ sind, dafür „aber innen drin weicher“. Wie es wohl wäre, wenn Männer die Tage bekämen? „Wir hätten halbe Matratzen in der Hose - Damit man es sieht!“ Und wenn Männer schwanger werden könnten? „Dann könnte man in jedem Baumarkt abtreiben.“

Zum Glück gibt es in einer Beziehung noch andere Geräusche als die des Beischlafes. Und so bekommt das Publikum neben dem orgastischen Gegrunze des von der Lippe noch die Schnarchgeräusche seiner Frau präsentiert - Kopfnuss und ­Schlafenstellen seinerseits inklusive. Anarchie propagiert er auch im Supermarkt. Da schummelt er beim Wiegen, reißt Gurkengläser zu Boden und erleichtert andere Kunden um die Waren aus ihrem Korb.Als Begleitung hatte von der Lippe die Organistin Iris Wehner und den Midi-Gitarristen Mario Hené mitgebracht. Und wenn Donnerlippchen auf drei Dekaden Arbeit zurückblickt, kommt er an „Guten Morgen, liebe Sorgen“ und „Dann ist der Wurm drin“ nicht vorbei. Mit gut getroffener Maffay-Stimme verunglimpft er dessen Lied vom sündigen Sommer („Ich war 16 und eins einundreißig...“) und als Quartett Grönemeyer/ Niedecken/ Maffay/ Lindenberg erkennt er „Es ist vorbei“.