Gelsenkirchen.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, dichtete einst Hermann Hesse. Wie viel Wahrheit in dieser Zeile steckt, das demonstrierte nachdrücklich das neue Ballett im Revier. Die Compagnie startete nach 33 überaus erfolgreichen Jahren Ballett Schindowski mit einer zauberhaften, poetischen, glanz- und kraftvollen Gala in eine neue Ära. „Der erste Gang“ wurde vom Publikum im Musiktheater im Revier mit minutenlangem Jubel und stehenden Ovationen gefeiert.

Es war ein Gang Richtung klassischer Spitzentanz, Richtung elegante Ästhetik trifft athletische Körperlichkeit. Es war eine beeindruckende Demonstration davon, dass Neoklassik auch innovativ und sehr zeitgemäß anmuten kann. Wolken wabern über eine Videowand im Hintergrund, formieren sich zu immer neuen Strukturen und Konstellationen und die Tänzerinnen und Tänzer machen es ihnen gleich. „Blau, Blue, Bleu“ titelt Ballettchefin Bridget Breiner ihre von den blauen Yves-Klein-Wänden im Foyer inspirierte Choreografie.

Sturz in die Wolkenfluten

Nachdem zunächst vor allem die einzelnen Tänzer in beeindruckenden Soli und Pas de deux ihre Visitenkarte abgeben konnten, demonstrierte das komplette 12-köpfige Corps de Ballet in einem facettenreichen Kaleidoskop, wohin die stilistische Reise in Zukunft gehen wird.

Zur Musik von Antonin Dvoraks ebenfalls zukunftsweisendem 12. „amerikanischen“ Streichquartett (live auf der Bühne gespielt von Musikern der Neuen Philharmonie Westfalen) stürzten sich die Tänzer in die strömenden Wolkenfluten, um in immer neuen Formationen nach neuen Wegen zu suchen. Und das mit einem humorigen Augenzwinkern, wenn die Akteure an Tutus angelehnte, fleischfarbene Reifröcke (Bühne und Kostüme Jürgen Kirner) trugen.

Mit allein drei Choreografien zeigte Ballettchefin Bridget Breiner selbst ihre Handschrift. Die Miniatur „La Grande Parade du Funk“ zur Musik von Chris Brubeck machte den beschwingten, amerikanisch angehauchten Anfang, das breit angelegte „Blau“ setzte den furiosen Schlusspunkt.

Premiere macht Lust auf mehr

Dass sie noch immer eine wunderbare, bis in jede Faser durchtrainierte Tänzerin ist, bewies Breiner in „Tué“, einer ausdrucksstarken, expressiven Choreografie von Marco Goecke. Mit nahezu pantomischen Bewegungen überzeugte Bojana Nenadovic in Evard Clugs“ „Architektur der Stille“, während sich der muskulöse, geschmeidige Joseph Bunn durch fast artistische Einlagen nachdrücklich empfahl. Hochkarätigen Spitzentanz demonstrierten im „Adagietto“ Bojana Nenadovic und Wieslaw Dudek.

Ein geglückter, beglückender, vielversprechender erster Gang, der Lust auf mehr macht.

Karten und Infos: 0209 4097-200