Gelsenkirchen. Judith Völkers Dokumentation „Vier Minuten Deutscher Meister“ ist eine packende Zeitreise zurück zu dem Tag geworden, als der FC Schalke 04 die Schale schon in Gelsenkirchen wähnte, am Ende aber doch nur „Meister der Herzen“ wurde. Die DVD ist ab sofort im Handel erhältlich.
Es braucht nicht viel, um tiefe Wunden in die Schalker Fan-Seele zu reißen. Es reicht schon ein einziges Datum zu nennen, um tausende königsblaue Anhänger im Bruchteil einer Sekunde in den Moment tiefster Trauer und Enttäuschung zurückzuversetzen. Es ist längst klar, in den folgenden Zeilen kann es nur um den 19. Mai 2001 gehen.
Jener Tag, am dem der FC Schalke 04 zum „Meister der Herzen“ wurde und sich die meisten doch nur als „Meister der Schmerzen“ fühlten. Jener Tag, an dem der ehemalige Manager der Knappen, Rudi Assauer, aufhörte, an den Fußballgott zu glauben, weil er nicht gerecht sei. Und genau über diesen Tag hat Judith Völkers ihren Film „Vier Minuten Deutscher Meister“ gedreht. Im WDR-Fernsehen war er schon zu sehen, jetzt gibt es ihn auch auf DVD.
Ein Gefühl völliger Leere
Protagonisten und Fans kommen zu Wort, sprechen über ihren 19. Mai 2001, oder den „gefühlsmäßigen Höhepunkt meiner Reporterkarriere“, wie Reporter-Legende Manni Breuckmann es ausdrückt. Es dauert nur wenige Sekunden, da ist man auch als Zuschauer wieder an seinem ganz persönlichen 19. Mai 2001, nickt mal lächelnd, mal traurig, dem Fernseher zu, als wolle man den Hauptpersonen der Dokumentation zurufen, dass man selbst genauso empfunden habe.
Da ist Olaf Kraft aus Hessen, der als Trommler im Parkstadion war, der mit Ebbe Sand seinen Treffer zum 5:3-Sieg gegen die Spvgg. Unterhaching frenetisch feierte und nur wenige Minuten später mit einem Gefühl völliger Leere über seiner Trommel zusammenbrach. Dabei wusste er am Morgen schon, „dass ein dickes Ding passieren konnte“. Er erzählt all das, während er auf den alten, vom Wetter gezeichneten Bänken des Parkstadions sitzt und es wirkt so, als sei er mehr als zehn Jahre danach stolz, dabei gewesen zu sein.
"Wir haben geweint wie kleine Kinder"
Da sind aber auch Hilke und Volker Husemann, die am 19. Mai 2001 ihre Hochzeit feierten und vor allem die männlichen Hochzeitsgäste mehr Zeit vor Autoradios und dem Fernseher verbrachten als an der Festtafel. Die Braut von damals wusste schon einige Zeit vor ihrem Tag, dass es eng werden könnte und dass ihr Mann in einer „Zwickmühle“ war.
Und da ist nicht zuletzt Henning Prinz, der in sein privates Video-Archiv gegriffen hat. Szenen auf der Tribüne sind da zu sehen von unbändiger Freude mitten im Block. „Ein grandioses Gefühl“, erinnert sich Prinz an den Moment, als er dachte, die Schale würde nach Gelsenkirchen kommen und fügt an: „Wir haben geweint wie kleine Kinder.“ Es sind eben die vielen Geschichten, die diesen Tag zu einem Mythos machen.
Mit diesen Geschichten der Menschen, ganz gleich, wie nah sie dran waren (ob im Stadion, in der Fankneipe oder eben auf ihrer Hochzeit), gelingt es Judith Völker, den Zuschauer in eine Zeitmaschine zu stecken. Angereichert mit den entscheidenden Szenen aus den Stadien in Gelsenkirchen und in Hamburg ist die Dokumentation so spannend wie ein Live-Spiel. Und da lohnt es sich wirklich, die Wunden von jenem 19. Mai 2001 noch einmal aufzureißen.