Essen.

Ungewöhnlich und schwierig, so ord­nete das Essener Landgericht die Beweissituation ein. Es hatte aber keinen Zweifel an der Schuld des Gelsenkircheners Michael F. (41). Die VI. Kammer verur­teilte ihn wegen Vergewaltigung seiner später an Diabetes gestorbenen Frau zu drei Jahren und drei Monaten Haft.

Sühne für eine Tote. Denn das Gericht musste ihre Aussage überprüfen, ohne die wichtigste Zeugin befragen zu können. Hinzu kam, dass die mit 29 Jahren verstorbene Frau ihren Mann mehrfach wegen Gewalttätigkeiten anzeigte, die Anzeigen aber meistens wieder zurückzog. Richter Oliver Greff machte im Urteil klar, aus welchen Gründen die Strafkammer keinerlei Zweifel an der Schuld des Angeklagten hatte.

Im Dezember 2010 verlor die 29-Jährige vollends ihr Augenlicht. Sie kam in eine Klinik in Thüringen, ihr Ehemann begleitete sie. Überfordert sei er von der Situation gewesen, erinnerte Greff. Ein Jahr zuvor hatte das seit April 2009 verheiratete Paar einen Sohn verloren. Der als Frühgeburt zur Welt gekommene herzkranke Junge starb eines natürlichen Todes.

In der Klinik ausgerastet

In der Augenklinik kam es im Januar 2011 zum Streit des Paares. Er packte seine Sachen, zerstörte dabei medizinische Hilfsmittel seiner Frau, das lebenswichtige Insulin und ein Foto des Sohnes. Diese Sachbeschädigung lastete das Gericht ihm an, ebenso die Vergewaltigung.

Denn zurück in Gelsenkirchen nahm die Ehefrau sich eine eigene Wohnung auf der Kurt-Schumacher-Straße. Obwohl sie eine einstweilige Verfügung gegen ihren Ehemann erwirkte, damit er sich ihr nicht näherte, traf sie sich weiterhin mit ihm, auch zum einvernehmlichen Sex. Am 17. März 2011, da war sich das Gericht sicher, setzte der Mann sich aber über den Widerstand seiner Frau hinweg, vergewaltigte sie.

Detailliert hatte die 29-Jährige davon in mehreren Vernehmungen bei der Polizei gesprochen. Sachlich, ohne Belastungstendenz habe sie ausgesagt, erinnerte Richter Greff, der auch die zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten ansprach.