Gelsenkirchen. . Preisangaben führen Konsumenten in die Irre, weil oft Bezugsgrößen wie Preis pro Kilogramm oder Liter fehlen – 133 Beanstandungen gibt es allein in Gelsenkirchen.
Vieles, was von der Europäischen Union an Gesetzen und Verordnungen daher kommt, ist gut gemeint, aber oftmals nicht zu Ende gedacht. So auch die Richtlinie, die seit April 2009 die Preisangabe reformieren sollte, die für den ahnungslosen Verbraucher jedoch zur teuren Konsumfalle wird.
Nach Angaben des Düsseldorfer Verbraucherschutz- ministeriums wurden landesweit 107.653 Preisangaben in 4467 Lebensmittelgeschäften überprüft – und dabei 18.797 Verstöße festgestellt. Auch die Verbraucherschützer schlagen jetzt Alarm. Knack- und Streitpunkt ist der fehlende, falsche oder kaum zu erkennende Grundpreis.
Lesbar, aber nicht vergleichbar
„Nur ein klar erkennbarer Grundpreis“, sagt Rechtsanwältin Carolin Semmler von der Verbraucherzentrale daher, „lässt einen zuverlässigen Preisvergleich zu.“ Und da fängt das Dilemma auch schon an, denn die neue Verordnung verlange lediglich, „dass der Preis deutlich lesbar ist“. Lesbar heißt aber nicht auch vergleichbar.
Und das kommt daher: Für Milch, Wasser, Fruchtsäfte, Limonade, Zucker, Bier oder Schokolade gibt es keine festen Einheiten mehr. Das neue Gesetz erlaubt den Herstellern die wildesten Füllmengen: zum Beispiel Schokolade in einer 95-Gramm-Tafel oder 0,3 Liter Bier und auch 0,9 Liter Milch. Das macht den Preisvergleich zu Konkurrenz-Produkten mit Standard-Gewicht – 100, 125, 500, 1000 Gramm, 0,75 und 1-Liter – zu einer Dreisatz-Rechenaufgabe. Reglementiert sind jetzt nur noch Füllmengen für Wein, Sekt und Spirituosen.
Mindestschriftgröße gefordert
Und ist der Grundpreis tatsächlich angegeben, ist er oftmals so klein auf dem Preisschild aufgedruckt, dass er gleich übersehen wird. „Wir fordern daher eine Mindestgröße“, sagt Carolin Semmler.
Auch in Gelsenkirchen gab es derlei Verstöße wie Pressesprecher Oliver Schäfer auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt: „Wir haben bei Kontrollen in Zusammenarbeit mit dem Ministerium insgesamt 133 Kennzeichnungen beanstandet. Davon entfiel der Großteil (89) auf die fehlende Angabe oder die richtige Berechnung des Grundpreises, 34 Mal war die Preisangabe nicht eindeutig der Ware zuzuordnen, sechs Mal war der Grundpreis kaum entzifferbar, vier Mal fehlte er ganz.“ Die Stadt habe darauf 26 Ordnungswidrigkeitsverfahren (Bußgeldverfahren) eingeleitet.
Kontrolliert wurde sowohl große Discounter als auch der kleine Lebensmittelladen von nebenan. Auffällig sei bei den Stichproben, so Oliver Schäfer weiter, dass die Mehrzahl an Verstößen bei inhabergeführten Lebensmittelläden festgestellt wurde.
Verfahren gegen Netto
Große Lebensmitteldiscounter sind zumindest nach Angaben der Verbraucherschützer von fehlender oder falscher Kennzeichnung ebenso betroffen. So sei aktuell noch eine Verfahren gegen Netto beim Bundesgerichtshof anhängig. Das Discounter-Duo Kaisers und Tengelmann hat sich bereits außergerichtlich geeinigt mit den Verbraucherschützern und die von ihnen monierten, zu kleinen Preisschilder abgeändert.