Gelsenkirchen. .
Die gute Nachricht zuerst: Gelsenkirchen zählt laut einer aktuellen Studie des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Instituts (HWWI), die im Auftrag der Berenberg Bank erstellt wurde, zu den 30 größten Kulturstädten Deutschlands. Nachbarstädte wie Herne oder Herten tauchen in diesem „Kulturstädteranking“ hingegen gar nicht auf.
Und nun der Wermutstropfen: Im direkten Vergleich aller untersuchten Städte landet Gelsenkirchen ganz weit unten auf der Skala, auf Platz 28 vor Duisburg und Wuppertal.
Angebot und Nachfrage
Untersucht wurden für die Studie unter anderem Faktoren wie die öffentlichen Kulturausgaben der Städte je Einwohner in den Jahren 2001, 2005 und 2007; wie viele Fördermittel der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz an die jeweiligen Standorte flossen; wie viele Theater-, Opern- und Kinositzplätze es je 1000 Einwohner gibt; wie viele Schüler und Studenten an öffentlichen Musikschulen oder Musikhochschulen der Stadt verzeichnet sind und wie hoch die Künstlerdichte je 1000 Einwohner im Jahr 2012 ausfällt.
Warum genau diese Punkte nicht nur für das kulturelle Leben einer Stadt, sondern auch für die Wirtschaftskraft wichtig sind? Die Antwort lässt sich im Prolog der Studie finden: „Attraktivität und Vielfalt der kulturellen Landschaft sind Aspekte der Lebensqualität, die die Wohnortwahl von Menschen und damit die Position von Städten im Wettbewerb um Fachkräfte beeinflussen“, steht dort. Soll heißen: Wo viel Kulturangebot ist, da ziehen auch mehr Steuerzahler (mit Familien) hin. Zudem locken attraktive Museen und Opernhäuser auch Touristen an, die wiederum die Stadt bereichern.
Bei Theater- und Opernsitzplätzen weit vor Düsseldorf
Nun schneidet Gelsenkirchen gar nicht in allen untersuchten Punkten schlecht ab. Bei den Kinoplätzen etwa landet man mit Schauburg und Multiplex auf Platz 16 im Mittelfeld – weit vor Dortmund (Platz 28) und Duisburg (30). Und auch bei den Theater- und Opernsitzplätzen pro 1000 Einwohnern belegt Gelsenkirchen immerhin Platz 22, direkt hinter Essen und weit vor Düsseldorf, Dortmund, Köln und Duisburg. Wer also hier ins Theater bzw. in die Oper gehen will, kann das tun – schaut man sich allerdings die im Kulturstädteranking verzeichneten Besucherzahlen an, dann landet Gelsenkirchen nicht mehr im Mittelfeld, sondern auf Platz 25 – aber weiterhin vor Dortmund (26) und Duisburg (30).
Und beim „Index Kulturrezeption“ belegt Gelsenkirchen den allerletzten Platz – hier wurde untersucht, wie das kulturelle Angebot von den Bewohnern aufgenommen wird, ob Museen oder Opern besucht werden, gemessen etwa an den verkauften Eintrittskarten. „Generell ist die Kulturrezeption in den deutschen Städten dort am höchsten, wo die Arbeitskräfte ein überdurchschnittlich hohes Bildungsniveau haben“, erläutert Dr. Silvia Stiller, Forschungsdirektorin beim HWWI.
Platz 30 für "Aktive Bibliotheksnutzung"
In der Rubrik der „Aktiven Bibliotheksnutzern“ belegt Gelsenkirchen Platz 30, und das trotz guter Auslastungszahlen der Stadtbüchereien.
“Für diese Studie wurde die Zahl der Büchereiausweise gewertet. Wenn man sich allerdings die Entleihzahlen anschaut, liegen wir vor vergleichbaren Städten wie Bonn und Aachen, obwohl das Universitätsstädte sind, die oft eine höhere Zahl an Bibliotheksnutzern verzeichnen“, sagt die stellvertretende Bibliotheksleiterin Marion Rominski dazu. „In Gelsenkirchen leihen beispielsweise auch sehr oft Lehrer ganze Bücherkisten für ihre Schulklassen auf ihrem Ausweis aus. Diese zusätzlichen Nutzer unserer Medien werden in diesem Kulturstädteranking gar nicht mitgezählt“, so Rominski.“Und wenn man auf Stuttgart schaut, die Stadt, die bei Bibliotheksnutzern in dieser Studie ganz weit vorne liegt, dann muss man auch bedenken, dass es dort eine brandneue tolle Riesenbibliothek gibt, in die viel Geld investiert wurde“, gibt sie dann zu bedenken.
Auch bei der Stadt sieht man die Studienergebnisse gelassen: „Man darf Gelsenkirchen nicht mit Großstädten wie Berlin und München vergleichen, diesen sollte man lieber das gesamte Ruhrgebiet gegenüberstellen, weil die Leute hier eben auch Angebote in den Nachbarstädten nutzen“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann.