Gelsenkirchen. Sie hält ihn nicht in Händen, den abgeschlagenen Kopf des Propheten. Und sie tanzt auch nicht den berühmten Schleiertanz. Sie steht nur da. Und dennoch ist jede Szene ganz präsent, die glänzende Silberschüssel mit dem blutigen Haupt des Jochanaan, die wehenden Schleier der ekstatisch tanzenden Prinzessin, der kalte Mond am Himmelszelt. Magisches Kopfkino pur dank punktgenau interpretierter Musik.

Sie hält ihn nicht in Händen, den abgeschlagenen Kopf des Propheten. Und sie tanzt auch nicht den berühmten Schleiertanz. Sie steht nur da. Und dennoch ist jede Szene ganz präsent, die glänzende Silberschüssel mit dem blutigen Haupt des Jochanaan, die wehenden Schleier der ekstatisch tanzenden Prinzessin, der kalte Mond am Himmelszelt. Magisches Kopfkino pur dank punktgenau interpretierter Musik.

Im Musiktheater im Revier feierte Richard Strauss’ Oper „Salome“ am Sonntag heftig umjubelte Premiere, und zwar ausschließlich konzertant. Heißt: ohne Bühnenbild, ohne Kostüme, ohne Requisiten, ausschließlich mit der prallen Kraft der Musik. Dass das Publikum dennoch mühelos eintauchen konnte in die mörderisch-verrückte Welt von Salome, das verdankt es gleichermaßen der suggestiven Ausdruckskraft des ausgezeichneten Sänger-Ensembles und einem furios aufspielenden Orchester unter der fulminanten Leitung von Rasmus Baumann.

Ein Manko wird zum Mehrwert

Konzertante Opernaufführungen sind zumeist dem Spardiktat geschuldet. Um die Werke dennoch zu präsentieren, verzichten Häuser schon mal auf die szenische Darstellung. Das Musiktheater fuhr damit bereits in der letzten Saison einen Riesenerfolg ein, als es Wagners „Rheingold“ musikalisch zum Glänzen brachte.

Nun geriet auch mit „Salome“ das Manko zum echten Mehrwert. Der hochdramatische Klangkosmos erfüllte in einem einzigen gewaltigen Akt satte einhundert Minuten lang das Große Haus. Die stark besetzte Neue Philharmonie Westfalen spürte unter Baumann am Pult der flirrenden, aufgeladenen Musik nach, zeichnete die Bögen von nervöser Unruhe und Anspannung über sinnliche Verführungskraft beim Schleiertanz nach bis hin zum eruptiven Ausbruch am Ende.

Eine dramatische Geschichte

Diese „Salome“, Stieftochter des Herodes, liebt den gefangenen Propheten, der sie zurückweist. Dafür wird sie vom Stiefvater begehrt. Zum Dank für ihren Tanz verspricht er ihr die Erfüllung eines Wunsches. Und die Prinzessin fordert gnadenlos den Kopf des Jochanaan. In diesem Psychokrimi verkörpert Majken Bjerno mit ihrem eindringlichen, mal sanften, mal schneidend scharfen, dann sehr forcierten Sopran eine Salome auf dem Weg von hemmungsloser Liebe zur hysterischen Rächerin.

Den liebestollen Herodes gibt William Saetre passend mit schräger Komik und tiefer Verzweiflung. Gudrun Pelker singt überzeugend eine herrlich böse, berechnende Herodias, Mark Morouse als Gast am Musiktheater im Revier begeistert mit seinem warmen Tenor als Jochanaan.

Dem von Salome verschmähten Hauptmann Narraboth gibt Lars-Oliver Rühl eine berührend schöne Stimme, und mit geschmeidigem Witz übernehmen Hongjae Lim, E. Mark Murphy, Georg Hansen, Artavazd Zakaryan und Joachim G. Maass die Rolle der Juden.

Große Oper, für die es am Ende den verdienten Jubel und jede Menge Bravos gab. Bis 6. Juli.