Gelsenkirchen.
Auf seinem roten Samtkissen machte es sich Emil Steinberger am Dienstag in der Kaue bequem.
Es sei ihm gegönnt: Nach 25 Jahren Kabarett-Abstinenz darf man es bei seinem Comeback, selbst wenn man auf der Bühne die Hauptrolle spielt, etwas ruhiger angehen lassen.
Als Prototyp der Schweizer Gemütlichkeit präsentierte „Emil“ seine „wahren Lügengeschichten“. „Drei Engel“ heißt das Programm, bei dem der 79-Jährige aus seinen Büchern vorliest und aus vier Jahrzehnten im Rampenlicht erzählt.
Sit-up-Comedian
Dort, wo sonst der Comedy-Nachwuchs hektisch auf und ab hüpft und das Publikum mit Gags am laufenden Bande bombardiert, ließ es Steinberger betont entspannt angehen. Das Sitzkissen und seine Bücher, garniert mit ein paar Anekdoten von einer seiner vielen Reisen, genügen dem Kabarettisten. Und seinem Publikum, das gemeinsam mit dem TV-Star der 1970er Jahre in die Jahre gekommen ist. Steinberger bezeichnet sich selbst nicht umsonst als „Sit-up-Comedian“, also quasi als die sitzende Antwort auf die stehenden Jungspunde.
Dass „Emil“ präzise wie ein Schweizer Uhrwerk arbeitet, machte die Symbiose zwischen Künstler und Publikum in Gelsenkirchen perfekt. Nach einer Stunde Programm gibt es auf die Minute genau die angekündigte Pause. Der zweite Teil dauerte gut zu verdauende 45 Minuten. Gemach geht es bei Emil zu, auch inhaltlich. Steinberger erzählt von seinem Sabbatjahr in den USA, von seinen Erlebnissen als Schweizer auf Deutschen Autobahnen oder von Begegnungen während seiner Tourneen.
"Lügen kann man beichten, die Wahrheit sollte man für sich behalten"
Ob eine Geschichte wahr ist, löst Emil am Ende mit drei gehobenen Fingern auf. Bis dahin wird der Zuhörer zum Detektiv. Den gehobenen Fingern hat sein Programm auch den Namen „Drei Engel“ zu verdanken. „Die Methode funktioniert sogar noch bei meinem Sohn“, schmunzelt Steinberger, „und der ist mittlerweile 40.“
Überhaupt hat sich der Luzerner viel mit der Wahrheit beschäftigt und eigene Thesen entwickelt. Kostprobe: „Lügen kann man beichten, die Wahrheit sollte man für sich behalten.“ Ein anderes Bonmot, das das Publikum auch nach Jahren noch entzückt: „Männer lügen mehr als Frauen, die nie die Wahrheit sagen.“
Serviertochter trifft Sättigungsbeilage
Mit seiner Vorliebe für Sprachen (er präsentiert sein Programm auf Hochdeutsch, im Schweizer Dialekt und auf Französisch) schaffte es Steinberger, seine Gäste zu begeistern. So hat er festgestellt, dass das deutsche Worte „Sättigungsbeilage“ oder die Schweizer „Serviertochter“ (weibliche Bedienung) für Verwirrung sorgt – je nachdem auf welcher Seite der Grenze man steht.
Besonderen Spaß bereitet es dem Grenzgänger, dass meist die wahren Geschichten für ungläubige Blicke sorgen. Wer auf Nummer sicher gehen will, für den hat Emil im Internet eine Liste mit Auflösungen veröffentlicht. „Damit Sie nachts ruhig einschlafen können.“ Ja, bloß keine Hektik.
Mit seinen Büchern „Emil via New York“ und „Wahre Lügengeschichten“ ist Steinberger noch bis Mai kommenden Jahres unterwegs. Und mit dem roten Samtkissen