Seine Bühnenfigur „Emil” war die eidgenössische Antwort auf Karl Valentin. Von seinem Alter Ego, das in unzähligen Sketchen Chaos stiftete, hat er sich bereits vor über 20 Jahren verabschiedet. Jetzt bereist der 75-Jährige als Erzähler erlebter und erfundener Geschichten die Lande.

Herr Steinberger, Sie sind in Ihrem Leben vielen Tätigkeiten mit Erfolg nachgegangen – als Grafiker, Theaterleiter, Zirkusclown, Buchautor, Kabarettist... Haben Sie auch einmal in einem Job versagt?

Steinberger: Ja, für den Schalterdienst bei der Post habe ich mich nicht prädestiniert gefühlt. Wegen einer Kassendifferenz von umgerechnet nur 15 Cent Überstunden machen zu müssen, bis der Fehler gefunden war – das wurde mir auf Dauer einfach zu viel.

Sie haben auch in der Werbe-Branche gearbeitet. Machen Sie doch einmal Reklame für sich selber: Warum darf man sich eine Lesung mit Ihnen nicht entgehen lassen?

Emil auf "Drei Engel"-Tour:

21.10. Neuss (Landestheater) Karten: www.ticketonline.de

23.10. Oberhausen (Ebertbad)

25.10. Bocholt (Bühne Pepperoni) Karten: 02871/37473

26.10. Münster (Hörsaal 1, Uni)

Karten für Oberhausen / Münster (ca. 23 €) gibt's im TICKET-SHOP, 01805/280123, www.DerWesten.de/tickets

Steinberger: Eben weil ich keine klassischen Lesungen mache. Vielleicht trage ich im Schnitt 15 Minuten pro Abend vor, den Rest der Zeit erzähle ich dann Beobachtungen und Anekdoten. Eine Statistik hat bewiesen, dass man in den 100 Minuten mit mir rund 200 Mal lachen kann. Und das, obwohl ich nur an einem Tisch sitze, mit einem Glas Wasser.

Wird es vielleicht auch ein Wiedersehen mit ihrer legendären Figur „Emil” geben?

Steinberger: Ja, „Emil” mischt mit. Und das ist gut so – die Leute sollen ja lachen dürfen. Er ist aber ein wenig versteckt.

Der Titel Ihrer Lese-Tournee lautet „Drei Engel”. Was hat es damit auf sich?

Steinberger: Ich erzähle unter anderem Lügengeschichten – und die „Drei Engel” sind meine drei Finger. Das kam so: Als mein Sohn noch klein war, habe ich mit ihm ein Abkommen getroffen. Wenn ich ihm eine wahre Geschichte erzähle und er sie für erlogen hält, dann strecke ich zum Schwur drei Finger in die Luft. So mache ich das auch mit dem Publikum.

Welche Ihrer Geschichte ist so abstrus, dass sie von den meisten Zuhörern für ein Märchen gehalten wird?

Steinberger: Die Sache mit dem Gästebuch: In einem Restaurant in Mainz bat mich der Wirt, in sein Buch zu schreiben. Dann fragte er: „Wissen Sie, dass Sie sich bereits schon einmal hier eingetragen haben?” Ich konnte mich nicht erinnern. Er hat mir die Seite gezeigt. Ich hatte geschrieben: „Auf Wiedersehen – in zehn Jahren!” Und dieser Eintrag war exakt zehn Jahre alt!

Gruselig. Anfang der 90er Jahre sind Sie für einige Zeit nach New York gezogen. War's ein Kulturschock?

Steinberger: Naja, New York ist ja eher europäisch geprägt – das war kein ganz so grausamer Wechsel. Schwer war nur, sich mit einer Sprache herumzuschlagen, die man nicht beherrscht. Da habe ich gespürt, wie es all den Ausländern bei uns ergehen muss. Man fühlt sich sehr alleine. Man kann sich nicht ausdrücken – und die Leute erkennen nicht, dass man Humor hat.

Ihre „Emil”-Sketche haben Sie nicht nur auf Deutsch und Schwyzerdütsch aufgeführt, sondern auch auf Französisch. Ist das nicht ein Indiz dafür, dass Ihr Humor universell ist?

Steinberger: Ja, das ist für mich ein glücklicher Beweis. Ein Restaurant-Chef bei uns in Montreux, ein Chinese, sagte mir mal: „Emil, du musst unbedingt nach Hongkong kommen. Die Leute da lachen, wenn ich dein Video zeige.” Darauf ich: „Aber die verstehen doch gar nichts.” – „Aber die lachen über deine Komik!”

Ihr „Emil” hatte immer auch etwas Unbeholfenes. Wie viel Selbstbeobachtung steckt in so einer Figur?

Steinberger: Ich würde sagen: Es steckt sehr viel Selbsterlebtes drin! Die Erziehung, die Familie, das Berufsleben – alles prägt. Im Unterbewusstsein wird das gespeichert und im richtigen Moment holt man das wieder heraus.

Sie selber sagen: „Ich lasse die Höhepunkte in meinem Leben gerne so stehen und versuche nicht, sie zu wiederholen.” Gibt es dennoch Momente, die Sie gerne noch einmal erleben würden?

Steinberger: Wirklich nicht. Es ist alles einmalig gewesen. Nennen Sie es ruhig Feigheit. Oder Angst davor, etwas noch einmal auszuprobieren und damit einen Absturz zu riskieren. Ich brauche das nicht, weil ich immer Neues machen will.