Gelsenkirchen. . Als Kay Ray den Abend in der Kaue ausklingen lässt, ist sein Programm „Haarscharf“ endgültig zur Karaoke-Show verkommen. Und den Alkoholpegel, den viele Menschen gemeinhin brauchen, um sich ans Karaoke-Mikrofon zu trauen, hat er zu dem Zeitpunkt dank Bier und Wodka auch längst erreicht.
Kay Ray provoziert, wo er kann. Er macht Witze über Juden, Behinderte, Moslems, Ostdeutsche und rechtfertigt sich teilweise anschließend dafür. Er sei nicht böse, er sei lustig.
„Verehrtes Publikum, bist du wirklich so dumm? Tja, dann verdienst du es nicht besser“, hatte die Stimme aus dem Off vor Beginn der Show verlautbart. Aber der größte Teil des gemischten Publikums ist begeistert von dem schrillen Paradiesvogel. Bis zur Pause verlassen nur wenige die Veranstaltung. Zu Beginn der zweiten Hälfte bleiben vereinzelt Stühle leer. „Das wird schwierig zu toppen“, sagte einer der Zuschauer in der Pause.
Instrumentalversionen übers iPad
Worauf der Zuschauer damit anspielte, war Kay Rays Striptease. Wobei Striptease die Aktivitäten des Enfant Terrible nicht treffend beschreibt. Nachdem er blank gezogen hatte, zupfte er obendrein nämlich ausgiebig an seinen Genitalien. Das Publikum lacht – teils verstört, teils belustigt.
Der selbst ernannte Entertainer singt auch. Über sein iPad spielt er Instrumentalversionen ab und singt dazu mal mehr, mal weniger talentiert. Mit „True Colors“ von Cindy Lauper legt er zu Beginn einen verheißungsvollen Start hin. Im direkten Anschluss dann Ballermann-Stimmung mit „Das ganz große Glück (im Zug nach Osnabrück)“. Außerdem interpretiert Kay Ray die Backstreet Boys, singt „Mack The Knife“ und veralbert und huldigt Milva, die ihn geprägt habe, gleichzeitig.
Ein Abenteuer
Unentwegt rülpst der Paradiesvogel. „Ich hab’s nicht mit diesen Konventionen.“ Kay Ray versucht sich auch kabarettistisch, belässt es aber bei Oberflächlichkeiten. Er kritisiert das Pressediktat, Hartmut Mehdorn („Man kann in diesem Land so viel Scheiße bauen, wie man will, man kommt immer weiter.“), schlägt Harald Glööckler als Bundespräsidenten vor und gibt Ehetipps.
Einem Zwischenrufer schlägt er vor, auf ein Bier und einen Wodka auf die Bühne zu kommen, falls er sich traue. Und der Mann aus dem Publikum macht sich auf den Weg. „Jetzt kommt der auch noch“, seufzt Kay Ray, der wohl nicht wirklich damit gerechnet hat. Aber der Überraschungsgast erweist sich zunächst als handzahm. Er geht mit Kay Ray auf Kuschelkurs, lässt sich von ihm sogar geduldig zu „Fade To Grey“ die langen Haare mit Haarspray stylen. Dafür gibt’s Bier und Wodka. Die ganze Flasche darf er aber nicht behalten. Damit ist er nicht einverstanden und tigert ab da unentwegt vor der Bühne auf und ab. „Die Geister, die ich rief“, wird Kay Ray sich gedacht haben. Das gleiche hat sich vielleicht auch das sichtlich genervte Kaue-Personal gedacht, als um kurz vor halb eins Uhr immer noch nicht Schluss mit dem Programm war, das Kay Ray eher als Abenteuer verstanden wissen will. Und als solches wird es auch zu den Akten gelegt.