Hart, härter, Hader: Im aktuellen Bühnenprogramm "Hader muss weg" verbindet der Kabarettist den ätzenden Witz eines Gerhard Polt mit dem makaberen Charme von Tarantinos „Pulp Fiction”. freizeit sprach mit dem 46-jährigen Österreicher.
Herr Hader, Ihre schauspielerische Leistung in „Hader muss weg” – darin spielen Sie sieben Charaktere – ist teuflisch gut. Sind Sie womöglich mit dem Beelzebub im Bunde?
Hader: (lacht) Da bin ich mir nicht so sicher. Ich bin sehr katholisch erzogen worden, habe aber später begonnen, ein sehr unreligiöses Leben zu führen. Tja, und ein richtig gläubiger Katholik würde da ja schon den Teufel am Werk sehen.
Als Kind waren Sie Messdiener. Wie kommt's, dass viele Kabarettisten – Jürgen von der Lippe, Harald Schmidt, Emil Steinberger – eine Ministranten-Vergangenheit haben?
Hader auf Tournee
17.4. Düsseldorf (Savoy Theater, Karten: Abendkasse ab 19 Uhr)
19.4. Mülheim (Stadthalle)
15.10. Oberhausen (Ebertbad)
16.10. Düsseldorf (Kommödchen, Programm: „Hader über Hader”, Vorverkauf noch nicht eröffnet).
Falls nicht anders angegeben, sind Karten (ca. 22-28 €) in unseren TICKET-SHOPs erhältlich: 01805 / 280123, oder www.DerWesten.de/tickets.
Hader: Das ist wahrscheinlich so, weil der Gottesdienst eine Frühform des Theaters ist. Auch eine Frühform der Komödie. Bei einer Messe kann ja ziemlich viel schiefgehen. So bekommt man sehr schnell einen Grundinstinkt dafür, dass komische Momente immer dann entstehen, wenn man etwas besonders souverän und feierlich machen will.
Apropos Theater: Ihr aktuelles Programm gleicht eher einem Bühnenstück denn einem Kabarettabend – wie kommt das?
Hader: Wissen Sie, wenn Sie ganz tief bohren, werden Sie einen eitlen Menschen finden, der mit jedem Programm das Format neu erfinden will. Ich möchte einfach nicht wiederholen, was andere Kabarettisten gemacht haben – also verschiedene Charaktere an einer Imbissbude versammeln oder Ähnliches. Also habe ich eine Dramaturgie wie bei einem Low-Budget-Film gewählt.
Dem Genre tut das gut...
Hader: Ja, aber was eigentlich dahintersteckt, ist die Lust am Überraschen. Ich habe keine Botschaft, sondern will erreichen, dass die Zuschauer nachher unsicherer sind als vorher. Und ganz ehrlich: Vor allem will ich beeindrucken.
Für tagespolitische Themen gibt's dann aber keinen Platz mehr, oder?
Hader: Stimmt. Aber ich will meine Arbeit nicht ständig davon abhängig machen, was Politiker gerade tun. Und ich mag auch kein Urteil über Menschen abgeben, die ich gar nicht kenne. Ich suche das Politische lieber im Privaten.
In „Hader muss weg” sagen Sie sinngemäß: „Ich muss erst explodieren, um offen für andere Menschen zu sein.” Wie viel vom Privatmenschen Josef Hader steckt in dieser Aussage?
Hader: (lacht) Sehr viel. Für meine Mitmenschen bin ich bestimmt kein offenes Buch. Ich bin zwar sehr freundlich, aber nicht greifbar.
Ist die Bühne so etwas wie ein Ventil für Sie?
Hader: Schwer zu sagen. Wenn ich nicht spiele, müsste ich mich dann ja völlig unrund fühlen. Das ist aber nicht so.
Sie wettern auf der Bühne, fluchen und morden sogar. Wären Ihre Programme noch blutiger und böser, wenn Sie keine Rücksicht aufs Publikum nehmen müssten?
Hader: Nein. Der Autor in mir ist der wilde Hund, der sich überhaupt nicht zu beschränken versucht und beim Schreiben das Publikum völlig vergisst. Und dann kommt der Schauspieler, der auf der Bühne leiden und die Reaktionen erleiden muss. Der versucht dann, den Text so zu spielen, dass ihn am Ende alle lieben.
Das klingt schizophren...
Hader: Das ist es auch. Fast so, als würde man eine wilde Bergstraße bauen um dann mit einem extrem gut gefederten Geländewagen drüberzufahren.
Sie sagen, dass Sie geliebt werden wollen. Macht gemein sein denn attraktiv?
Hader: Für manche Menschen mache ich mich möglicherweise interessant, wenn ich auf der Bühne abartige Dinge mache und mit meinem Humor auf Abgründe zugehe. Hinterher gibt's dann aber regelmäßig eine Enttäuschung, weil ich privat ein viel langweiligerer Mensch bin als auf der Bühne. Ich kann die Erwartungen nicht auffangen.
Im Juni beginnt die Fußball-EM in Ihrer Heimat: Welche Chancen hat die deutsche Elf, welche die österreichische?
Hader: Naja, die Deutschen werden im Laufe eines Turniers immer zu einer Mannschaft. Unsere Spieler nicht – die san a bisserl individualistischer...
Ist das denn so schlimm?
Hader: Nein. Wir haben hier meist nur kleine, schlecht geführte Vereine – mit Präsidenten, die halb im Gefängnis sitzen. Und dann diese traurigen Novemberspiele im Nebel: Der Spieler kommt aufs Feld, er weiß nicht, was er da soll – er weiß nur, am Ende wird er verlieren. Das ist so eine Art Sartre-Fußball, sehr existenzialistisch. Das gefällt mir sehr gut. Ich halte Tore sowieso für maßlos überschätzt.