Gelsenkirchen.

Wer in den 60er Jahren im Ruhrgebiet groß wurde, genauer, in Schalke, findet hier die Spuren seiner Kindheit: Ob rauchende Schlote oder grauer Himmel über der Ruhr, ob Fury im Fernsehen oder Kohlenteute in der Küche, Elke Schleich zeichnet in ihrem Roman „Gummitwist in Schalke-Nord“ die Bilder ihrer Kindheit mit sensibler Feder liebevoll nach.

Das Buch mit 18 nostalgischen Geschichten aus dem Pott ist bei „Stories & Friends“ erschienen. Elke Schleich, 1953 in Schalke geboren, wurde mitten hinein geboren in die Wirtschaftswunderzeit, als es nach dem Kriegsende so langsam wieder bergauf ging. Als die ersten Fernseher in den Wohnzimmern auftauchten, um die sich dann die Kinder aus der ganzen Nachbarschaft versammelten. Zitat: „Zu jener Zeit besaßen wir als die Ersten im Mietshaus ein Fernsehgerät. Papa hatte es auf Raten gekauft.“ Es war die Zeit, als die Mädchen pünktlich zu Ostern die neuen Kniestrümpfe und das schicke „Kostüm mit dem Schottenrock“ anziehen durften.

Die Kindheit im Revier

Leni ist die Protagonistin einer unbeschwerten, scheinbar federleichten Kindheit im Revier. Aber auch die zu Beginn des Buches Sechsjährige kennt große Wünsche und unstillbare Sehnsüchte: die nach einem Pferd zum Beispiel.

Leni trägt ein Stück weit autobiografische Züge. „Ja, die Leni hat schon viel von mir“, gesteht Autorin Elke Scheich. „Aber ein großer Teil des Buches ist auch mit viel Fantasie erfunden.“ Elke Scheich ist dem Stadtteil Schalke bis heute eng verbunden, die 89-jährige Mutter lebt dort, auch viele Freunde und Bekannte. Die Autorin selbst hat es inzwischen in den Stadtnorden verschlagen, in die Nähe ihrer geliebten Pferde. Denn die Leidenschaft für diese Vierbeiner teilt sie in der Tat mit ihrer Romanfigur. Elke Schleich lebt heute in Westerholt in der Nähe eines Reiterhofes, ist sie immer täglich besucht.

Im Brotberuf arbeitet die Gelsenkirchenerin als Sekretärin an der Westfälischen Hochschule, in ihrer Freizeit schreibt sie seit den Siebzigern. „Zunächst für eine Pferdezeitschrift, später Kurzgeschichten.“ Bald kam die erste Liebesgeschichte auf den Markt und Veröffentlichungen in Anthologien.

Ein Buch voller Lokalkolorit

Bei der Recklinghäuser Autorennacht gewann Elke Schleich im Jahre 2008 mit ihrer Kurzgeschichte „Ruf doch mal an“ den Publikumspreis. Ein Jahr später war sie mit dem Text „Als Lorrek noch durch Schalke fuhr“ Preisträgerin beim Gelsenkirchener Storywettbewerb.

Jetzt lädt sie ihre Leser ein zu einer nostalgischen Zeitreise, als sich die Förderräder noch fleißig drehten, es im Sommer hieß „Wir gehen nach Grimberg“ und sich die ganze Familie per Zug aufmachte zur „Reise in die Ostzone“. Mit „Frikadellen und Kartoffelsalat aus dem Einmachglas“.

An Lokalkolorit mangelt es dem Buch nicht. Ob Comeniusschule, Ruhrzoo, Zeche Consolidation, Bismarckstraße, Zeche Wilhelmine Viktoria oder Zechensiedlung, alles kommt vor.

Die Autorin selbst erinnert sich gerne an ihre Kindheit in Schalke-Nord: „Das war eine unbeschwerte, positive Zeit, wir Kinder waren den ganzen Tag draußen auf der Straße mit vielen Freunden.“

Einer davon, der sich das Buch gekauft hat, hat sich in dem Roman sogar wieder erkannt.