Gelsenkirchen. . Vier Koch-Azubis und ihr Küchenmeister sprechen über Praktika, Perspektiven, Fachbücher und den hohen Schwund im Klassen-Verband. Immerhin: Mit der Ausbildung in der Tasche, sind sie sicher, stehe ihnen „die Welt offen“

Für Leroy Steinke war der Fall klar: „Ich wollte seit der 4. Klasse Koch werden, weil ich gerne esse.“ Beim Wunsch ist es nicht geblieben. Ein Jahrespraktikum in der 9. Klasse brachte ihn seinem Ziel näher. Leroy, mittlerweile 18 Jahre alt, ist Auszubildender. Sein Lernort und Arbeitsplatz: Die Küche im Maritim-Hotel.

Zusammen mit Sebastian Kirch, 23, Henning Stierand, 20, und Adisorn Inthasan, 20, sitzt er an diesem Nachmittag im Berufskolleg an der Königstraße. Für die Fotografin haben die vier jungen Männer ihre Koch-Kluft angezogen. Sebastian trägt Schürze und schwarz, Leroys Kochmütze sitzt turmhoch auf den rotblonden Haaren, Hennings Namenszug ist auf der Jacken-Vorderseite eingestickt. Im dritten Lehrjahr darf es schon ein wenig gediegener sein. Stierands Ausbildungsbetrieb ist der Gasthof Berger in Feldhausen. Im Mai macht er seine Gesellenprüfung, muss im praktischen Teil dafür ein Drei-Gang-Menü kreieren, planen und kochen.

Und danach? Bis Ende des Jahres kann der 20-Jährige wohl mit einer Anschlussbeschäftigung rechnen. „Danach möchte ich mich weiterbilden, vielleicht mit einem Studium.“ Vielleicht auch in anderen Häusern, zunächst „im deutschsprachigen Raum.“ Mit einer Kochausbildung, sind sich die Azubis einig, steht ihnen die Welt offen. „Gerade deutsche Köche sind gefragt.“

"In Spitzenbetrieben wird richtig hart geknüppelt"

Nebenan in der Schulküche läuft noch das Großreinemachen. Der Rest der Klasse wienert Herde und Edelstahlarbeitsplatten, spült Messer und Töpfe. Auch das gehört zum Job. Mit 30 haben sie vor wenigen Jahren angefangen, jetzt sind noch 13 Auszubildende in der Oberstufe. Der Schwund ist drastisch. Fast immer.

„Viele bleiben auf der Strecke. Die wollen die Belastung nicht und haben es nicht mit der Dienstleistung. Das liegt auch teilweise am Alter. Aber es ist ja auch nicht einfach: Gerade in der Gastronomie muss man viele Stunden kloppen und in Spitzenbetrieben wird richtig hart geknüppelt“, sagt Heinrich Wächter, der Kochlehrer und Küchenmeister. Und: „Man muss Spaß an der Sache haben, sonst klappt es nicht.“

Von der Bankett-Küche ins à la Carte-Geschäft

Das Quartett erzählt derweil von der Ausbildung, vom bisherigen Werdegang, von den Zielen. Übers Praktikum hat für alle der Weg an den Herd geführt. Und diese Hürde war für alle durchaus eine Herausforderung. Sebastian Kirch, im zweiten Lehrjahr bei Heiner’s in Horst, hat „als Praktikant mehrere Sachen ausprobiert und mich dann in der Küche gemeldet. Nach zwei Monaten Praktikumszeit“ ist er dann „dort geblieben“.

Adisorn Inthasan lernt auf Schloss Berge. „Nach zwei Wochen Praktikumszeit wurde ich dort angesprochen, ob ich eine Ausbildung machen will“, sagt er. Ungeschickt scheint sich der Sohn einer Thailänderin also nicht angestellt zu haben. Im ersten Ausbildungsjahr wird er bislang vor allem in der Bankett-Küche eingesetzt. Erst mit fortschreitender Ausbildungszeit geht es ans aufreibendere à la Carte-Geschäft. Inthasan kocht auch gerne in seiner Freizeit. „Dann probiere ich neue Rezepte aus“ – gerne welche mit fernöstlicher Note. Dass ihm Thai-Küche von Kind an vertraut ist, hat seinen Geschmackshorizont deutlich erweitert.

Gute Fachbücher sind teuer

Je kleiner das Küchenteam, desto größer die Verantwortung des Einzelnen. „Man muss teilweise mehr machen“, sagt Heiner’s-Azubi Sebastian Kirch, „aber man lernt auch dabei.“ Persönlich hat sich sein Verhältnis zum Essen verändert. „Klar geht man anders mit Lebensmitteln um.“ Alle vier legen mehr Wert als früher auf Esskultur, kochen auch mal gerne mit der Familie, mit Freunden. „Man lernt so viele Sachen bei der Arbeit kennen und so viele Dinge, dass man oft einfach nur baff ist“, findet Kirch. Neben der Praxis in der Küche gehören für ihn „gute Kochbücher“ zur fachlichen Grundausstattung. „Da kann man sich gute Anregungen holen“, meint Stierand.

„Alte Kochbücher der Oma“ hat Leroy Steinke hervorgekramt. Er schätzt Küche, die Wildkräuter einsetzt. „Da muss man teilweise nur rausgehen und sammeln. Kirchs jüngste Neuerwerbung. „Ein Fachbuch, 100 Dressings. Die sind gut, aber teilweise auch sauteuer.“ Womit das Quartett bei der Ausbildungsvergütung wäre. Die ist in der Branche klassisch eher knausrig. 431 Euro gibt es im ersten Jahr. „Mit Kindergeld“, sagt Sebastian Kirch, „reicht das ganz knapp für eine eigene Wohnung.“