Gelsenkirchen. .
Max war zwei Jahre alt, konnte sprechen, laufen, spielen ... Hatte alles drauf, was für einen Knirps in dem Alter normal ist...
Dann bekam der Kleine Gehirnblutungen. Von jetzt auf gleich war alles anders. Ausnahmezustand in der Familie. Max lag drei Wochen im künstlichen Koma. „Danach war er wie ein Baby“, erinnert sich seine Mutter an diese Zeit. „Alles war nur auf die eigene Situation fixiert und die Gesundheit des Kindes stand im Mittelpunkt.“ Erschwerend kam in der anschließenden, sechsmonatigen Reha-Maßnahme in einer Fachklinik in Hattingen dazu: Die junge Mutter war wieder schwanger.
15 Jahre ist das jetzt her. Max wird im Sommer 18, besucht die 10. Klasse der Gesamtschule Buer-Mitte und wünscht sich nichts mehr, als in die Oberstufe zu kommen. Er spricht in Folge seiner neurologischen Erkrankung langsam aber äußerst präzise über seine Zukunftswünsche. Und über den Status Quo. „In der Schule habe ich keine Probleme, eher die Anderen“, sagt er in Anspielung auf seine Einschränkung, eine verlangsamte Wahrnehmung. Nachdenklich setzt er nach: „Ich nehme meine Behinderung ja an, aber ich möchte nicht immer der Einzelfall sein.“
Ausgrenzung verhindern
Hilfe finden Mutter und Sohn inzwischen – außer bei der Kinderklinik in Buer – bei Christa Augustin-Sayin. Die diplomierte Sozialpädagogin leitet die Kinderneurologie-Hilfe der Gelsenkirchener Lebenshilfe e.V. an der Bickernstraße 94 (Eingang Magdalenenstraße). Grundsätzlich versteht sich die noch junge Anlaufstelle als Informationsquelle für Eltern und Kinder mit neurologischen Erkrankungen. Die individuell völlig unterschiedlich in Auswirkung und Verlauf sind. Daher sagt Christa Augustin-Sayin auch: „Wir arbeiten ziel- und bedarfsorientiert.“ Und das seit Juli vergangenen Jahres.
Zentrale Anliegen sind Aufklärung, Beratung und Begleitung von Familien mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach erlittenen Hirnschädigungen. Ferner möchte die Beratungs- und Infostelle drohenden Lern- und Entwicklungsstörungen sowie sozialen, schulischen und beruflichen Ausgrenzung der Betroffenen massiv entgegentreten, diese mindern – bestenfalls komplett verhindern. „Die Verbesserung und Sicherung der Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen möglichst unmittelbar nach dem Erwerb einer Hirnschädigung stehen dabei im Mittelpunkt.“
Einsame Kinderklinik
Kassen zahlen nur bei Neuerkrankungen
„Man muss immer wieder schauen: Wo steht Max heute, am Übergang Schule-Beruf, welche Möglichkeiten gibt es für ihn, wie sieht der Nachteilsausgleich aus“, sagt die Mutter des jungen Mannes. „In Deutschland ist zwar schon ganz viel möglich, aber auf den Weg machen müssen sich die Eltern ganz alleine.“ Da sei man, sagt die Gelsenkirchenerin, für Hilfe dankbar.
Schon jetzt fürchtet sie sich davor, wenn Max aus der vertrauten Betreuung der Kinderklinik raus ist, weil er als 18-Jähriger dort nicht mehr behandelt werden darf. Da lauert das nächste Problem: „Neuropsychologen werden von den gesetzlichen Kassen nur noch bei Neuerkrankungen gezahlt, Altfälle nur noch auf Antrag.“ Da kennt Christa Augustin-Sayin sicher Mittel und Wege.