Essen. . In nur drei Monaten das Finanzamt um 700.000 Euro geschädigt: Für diese Leistung bekam ein 57-Jähriger am Mittwoch vom Landgericht Essen zwei Jahre Haft mit Bewährung. Sein Glück: Er war nur der Strohmann der in Gelsenkirchen an der Kurt-Schumacher-Straße angesiedelten Stahlhandelsgesellschaft.
„Er war nur ein kleines Licht, am großen Rad drehten die Hintermänner“, stellte Richterin Katharina Linka, die den Vorsitz der XV. Strafkammer führte, im Urteil fest. Zu verhandeln hatte das Gericht über eine der vielen Varianten des „Umsatzsteuerkarussells“, das sich seit mehr als zehn Jahren dreht. Strafjuristen hörten im Prozess altbekannte Namen aus der Szene.
Schrott in Holland ohne Rechnung gekauft
Erst im August 2009 war die Stahlhandelsfirma gegründet worden. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war der Angeklagte, der in seinem Berufsleben schon viel gemacht hat, nur noch keine Firma leitete. Das lukrative Geschäftsmodell will der geständige Essener gar nicht überblickt haben: Die Firma kaufte Schrott in Holland ohne Rechnung an und verkaufte ihn an einen seriösen Betrieb in Köln. Dafür bekam der Angeklagte Barschecks, so dass er die Holländer bezahlen konnte. Was blieb, war die Umsatzsteuer: 700.000 Euro, die er nicht ans Finanzamt abführte. Der 57-Jährige, bekam nur wenig, fungierte lediglich als Geldbote und erhielt „nur“ 35.000 Euro.
Hintermann kassierte
Seinen direkten Hintermann, der kassierte, bekam die Justiz zu fassen. Er verbüßt aktuell wegen der Steuerhinterziehung dreieinhalb Jahre Haft und sagt freimütig aus: „Im Klartext heißt das, man kauft schwarz in Holland ein und verkauft weiß in Deutschland.“ Der 63-Jährige erläutert, dass nur die Steuerhinterziehung Gewinn abwarf, weil der Einkauf in Holland eigentlich zu teuer war: „Über die Steuer kann man das machen. Soll man natürlich nicht.“
Richterin Linka sprach im Urteil von einem gigantischen Schaden und erinnerte an die Geldbotenfunktion des Angeklagten: „3,6 Millionen Euro hat er brav in Empfang genommen und abgeliefert.“ Er hat jetzt die Schulden, verdient haben soll ein anderer Hintermann, dessen Name in der Szene einen gewissen Klang hat. Fünf Immobilien in Spanien sollen diesem gehören. Natürlich nicht offiziell.