Gelsenkirchen. .

Dem reumütigen Geständnis vom ersten Prozesstag folgte das angekündigte Strafmaß. Am Mittwoch verurteilte die I. Essener Strafkammer den Gelsenkirchener Unternehmer und früheren Handelsrichter wegen Steuerhinterziehung und Schmuggel zu zwei Jahren Haft mit Bewährung. Eine Geldbuße von 450.000 Euro muss der 74-Jährige an die Landeskasse zahlen.

In vertrauter Umgebung bekam der Firmenchef sein Urteil zu hören. Und dafür hatte der Zufall gesorgt. Weil der Mittwoch nicht der übliche Sitzungstag der I. Strafkammer ist, bekam sie einen Zivilsaal zugewiesen. Saal 201, der Saal, wo eigentlich die Kammer für Handelssachen tagt, zu der früher, schwarze Robe tragend, auch der jetzt Angeklagte gehörte.

In dritter Generation führt der 74-Jährige das 1903 gegründete Familienunternehmen. Spezialisiert ist es auf Herstellung und Vertrieb von Rohrzubehör. Flansche, Fittings gehören ebenso zur Handelsware wie Reduzier- und T-Stücke. Zu Spitzenzeiten arbeiteten 700 Menschen in dem Werk.

Ware mit Anti-Dumping-Zöllen belegt

Zum strafrechtlichen Verhängnis wurde dem Gelsenkirchener sein Konzept zur Gewinnmaximierung beim Einkauf der Rohrformstücke. China produziert die Teile deutlich billiger als andere Länder. Um von diesem Material nicht überschwemmt zu werden und andere Hersteller zu schützen, hat die EU die Ware mit Anti-Dumping-Zöllen belegt. 58,6 Prozent werden bei Einfuhr in die EU aufgeschlagen.

Der Gelsenkirchener umging den Zoll, indem er die Container zunächst von China nach Japan bringen ließ. Dort wurde die Ware als „Made in Japan“ deklariert. Erst dann kam sie ohne größere Zollabgaben über die Häfen in Antwerpen, Rotterdam oder Hamburg ins EU-Gebiet.

Von China über Japan nach Deutschland

Laut Urteil begann der Schmuggel im Jahr 2003 und endete mit der endgültigen Enttarnung 2007. Als die Zollbehörden dem Gelsenkirchener zuvor schon einmal auf der Spur waren, hatte er einfach die Schiffsroute geändert. Fort­an liefen die in China beladenen Containerschiffe nicht mehr Japan, sondern Indien an. Dort wurden die Rohrformstücke von einem Container in einen anderen umgeladen, bevor sie als indische Ware in Europa ankamen.

Strafmildernd lobte Richter Edgar Loch das frühe Geständnis des Angeklagten, der auch früh an der Schadenswiedergutmachung mitgewirkt hatte. In Belgien, Holland und Deutschland hatte er den Steuerschaden durch die hinterzogenen Zollabgaben bereits zurückgezahlt. Auch im Prozess bestätigte er, dass er die vorgeworfenen Straftaten begangen hatte. Er bedauere sie zutiefst. Richter Loch betonte, es hätte für die Kammer keine Rolle gespielt, dass der Angeklagte früher Handelsrichter gewesen sei.