Gelsenkirchen.
Für Menschen mit einer dementiellen Erkrankung ist ein strukturierter Tagesablauf besonders wichtig. Es hilft ihnen einfach sehr, wenn alles so ist, wie es immer ist. Kommt ein Patient dann in ein Krankenhaus, ist das für alle Beteiligten in der Regel keine einfache Situation. Das Bergmannsheil in Buer begegnet dieser sehr speziellen Situation nun mit ganz neuen Mitteln.
„Patienten mit einer Demenz haben im Krankenhaus einen besonderen Leidensweg zu beschreiten“, weiß Pflegedirektor Joachim Weigland. „Die ungewohnte Situation im Krankenhaus schürt oft Ängste. Das führt dazu, dass die Behandlung erschwert wird. Denn die Patienten versuchen, der Situation zu entfliehen. Sie werden zum Teil sogar aggressiv. Und das verzögert die Behandlung.“
Seit vergangenen Dezember helfen an genau dieser Schnittstelle neun Alltagsassistenten. Die Frauen und Männer besuchen, betreuen und beschäftigen Patienten mit Demenz. „Es geht darum, den Patienten, soweit das in einem Krankenhaus überhaupt möglich ist, eine Alltagsstruktur zu erhalten“, sagt Weigland. Dabei geht es nur um das seelische Wohl der Patienten. „Die Alltagsassistenten haben nichts mit der Pflege zu tun. Ganz bewusst verrichten sie ihre Arbeiten in Zivil.“
Modellprojekt Bürgerarbeit
In den vergangenen Monaten hat die Klinik mit der Arbeit der neun Helfer gute Erfahrungen gemacht. Sie machen mit den Patienten Spiele, Gedächtnistraining und singen mit ihnen. Das versüßt den Patienten nicht nur den Alltag, es entlastet auch das Krankenhauspersonal in einem hohen Maße. „Die Patienten sind jetzt tagsüber ausgelastet und sie schlafen nachts wieder“, berichtet Joachim Weigland aus dem Alltag.
Zunächst ist das Projekt allerdings zeitlich begrenzt. Denn es wird über das „Modellprojekt Bürgerarbeit“ des Bundes zur Integration von Langzeitarbeitslosen finanziert. Drei Jahre fließen die Fördergelder. Doch Pflegedirektor Joachim Weigland ist schon in diesen Tagen recht optimistisch, dass das Krankenhaus das Projekt fortsetzen wird. „Dann werden wir sehen, wie viele Stellen wir schaffen können.“
Neuer Patient, neue Herausforderung
Das wird ohne Zweifel ein Rechenexempel werden. Der erhöhte finanzielle Mehraufwand für das Personal und die längere Verweildauer ohne die Mitarbeit der Alltagsassistenten bedeuten unter dem Strich zusätzliche Kosten.
Somit kann es sich rechnen, auch über die Zeit der Förderung hinaus im Bergmannsheil Alltagsassistenten zu beschäftigen.
Simone Volmer (56) hat als Alltagsassistentin eine Aufgabe gefunden, die sie ausfüllt. Die gelernte Masseurin und medizinische Bademeisterin, arbeitete bereits zuvor im sozialen Bereich. „Über dieses Angebot war ich überglücklich“, erzählt sie. „Ich bin so ein Mensch, ich kann gut mit anderen Menschen umgehen.“ Sie freut sich auf jeden neuen Patienten, der eine neue Herausforderung bedeutet.
Hoffnung nie aufgeben
„Es beginnt immer so, dass wir zu dem Menschen gehen, uns vorstellen und sagen, was wir machen. Ob derjenige das noch versteht oder nicht, das ist erst einmal unerheblich. Denn mitunter ist ein Gespräch ja gar nicht mehr möglich.“ Dann geht es um Gesten, weiß Simone Volmer. „Dann hält man einfach nur die Hand.“ Diese Momente sind es, die sie besonders berühren. „Kürzlich habe ich mich um eine Dame gekümmert, da war das so. Und als ich ihre Hand hielt, da lächelte sie auf einmal. Das ist für mich der schönste Lohn.“
Simone Volmer ist natürlich froh, wieder eine Anstellung gefunden zu haben. „Die Hoffnung habe ich nie aufgegeben.“ Und so gibt es aus ihrer Sicht bei diesem Projekt nur Gewinner. „Hilf anderen und die hilfst dir selbst am meisten – das ist immer mein Spruch.“