Gelsenkirchen. Die Interessengemeinschaft der Gelsenkirchener Schulpflegschaften feiert 20. Geburtstag. Ein Gespräch mit der Frau der ersten Stunde - der Vorsitzenden Ingrid Husmann.
20 Jahre ist es her, dass sich Elternvertreter aller Gelsenkirchener Schulen in einer Gaststätte im Berger Feld trafen. An jenem Abend gründeten sie eine schulformübergreifende Interessengemeinschaft. Anlass waren die Sparbeschlüsse der Landesregierung im Bildungsbereich.
Schule, so die damalige Aussage, müsse auf ihre Grundfunktion reduziert werden, pädagogisch Wünschenswertes sei schlichtweg nicht finanzierbar. „Das war so was von dramatisch“, erinnert sich Ingrid Husmann (61). Die Frau der ersten Stunde ist seit 20 Jahren die Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Gelsenkirchener Schulpflegschaften.
Mindestens zwei Mal im Jahr trifft man sich zum Gedanken- und Informationsaustausch, manchmal auch außerplanmäßig. Bei aktuellen Anlässen werden auch Politiker zur Diskussion eingeladen oder Schulprojekte vorgestellt. „Beim letzten Mal ging es um Integration, um den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kinder“, erzählt Ingrid Husmann und macht keinen Hehl aus ihrer Begeisterung für die Gesamtschule Berger Feld, die in inklusiver Hinsicht eine Vorreiterrolle einnehme.
"Kinder sehen heute zu viel fern"
Die pensionierte Kinderkrankenschwester ist auf dem Sprung. Sie ist gebeten worden, an einer Schulkonferenz teilzunehmen. Harter Tobak. Es geht um einen sexuellen Übergriff in einer 5. Klasse. „Es gab drei Täter, ein Opfer, und die ganze Klasse hat zugesehen. Solche Sachen kommen heute vor“, sagt Ingrid Husmann kopfschüttelnd. „Die Kinder sehen heute zu viel fern und sind zu viel im Internet. Sie sind übersexualisiert, das sagen auch die Lehrer“, so die 61-Jährige.
„Eltern kämpfen gegen Kahlschlag in den Schulen“, titelte die WAZ am 20. März 1992. „Eltern formieren sich zum Widerstand“, brachte die Buersche Zeitung die Nachricht auf den Punkt. Und die Ruhrnachrichten verkündeten in ihrer Ausgabe: „GEW und VBE einig im Protest“. Die Landeselternvertretungen (GEW) und die Lehrergewerkschaften (VBE) schlossen sich zu einem Aktionsbündnis zusammen und organisierten eine Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag.
"Inklusion ist das dringendste Thema"
Ingrid Husmann erinnert sich: „Ich war damals stellvertretende Vorsitzende im Landeselternrat der Gesamtschulen und eine der Mitorganisatorinnen der Proteste.“ Dabei habe sie festgestellt, dass viele Eltern in Gelsenkirchen nicht über die damals aktuelle Schulpolitik informiert gewesen seien. Das wollte sie ändern. „Es ist schön, dass Eltern heute eingebunden werden. Man sucht Kontakt zur Basis. Das war 1992 ein Novum.“
Die größte Herausforderung in 20 Jahren Stadtschulpflegschaft sei zugleich die aktuellste: „Inklusion ist das dringendste Thema der nächsten Zeit.“ Dicht gefolgt vom doppelten Abiturjahrgang.