Gelsenkirchen.
Aus der Sicht der Solarwirtschaft hat die Bundesregierung gerade eine echte Vollbremsung vollzogen. Die angekündigten, weiteren Reduzierungen der Vergütung von Solarstrom, die das Umwelt- und Wirtschaftsministerium zu verantworten haben, treiben Unternehmen wie der Gelsenkirchener „abakus solar AG“ mit seinen insgesamt 87 Beschäftigten die Sorgenfalten ins Gesicht.
30 Prozent sollen die Kürzungen bei Freiflächenanlagen betragen, bisher waren nur 15 Prozent vorgesehen, und zwar für den Sommer 2012 und nicht zum 1. April, wie jetzt beabsichtigt wird. Auch für die kleineren Anlagen, wie auf Hausdächern, soll die Vergütung eingedampft werden: 20 Prozent, hat die Solarwirtschaft erfahren, sollen es hier sein.
Entsprechend stehen die Mitarbeiter des Unternehmens am bundesweiten Aktionstag unter grauen Wolken vor den Toren der Werkhalle am Bugapark und skandieren lautstark in die Tristesse: „Die Sonne ist auf unserer Seite, doch Rösler sorgt für unsere Pleite.“
Angst, dass der Markt einbricht, ist groß
Abakus-Finanzvorstand Walter Burscheid ergänzt im Gespräch: „Man muss angesichts dieser Nachrichten auch wissen, dass gerade erst zum 1. Januar 2012 eine Kürzung der Vergütung um 15 Prozent stattgefunden hat und weitere in kleinen Schritten bis Jahresende folgen sollen.“ Die Angst, dass der Markt einbricht, ist groß. „Das erste Quartal eines Jahres ist für unsere Branche immer schlecht – wegen der Wetterlage. Wenn das Geschäft danach aber nicht anzieht, dauert es nur ein paar Wochen, bis wir die Einschnitte spüren und über Anpassungsmaßnahmen nachdenken müssen.“
Das erscheint wie eine Beschreibung für möglichen Arbeitsplatzabbau.
Burscheid und abakus-Gründer Heiner Breuer erläutern beide, dass dieser Schritt der Bundesregierung für keinen in der Branche vorhersehbar gewesen ist. „Das hat uns kalt erwischt.“ Ergo hätte man auch nicht gegensteuern können. Als Gründe für die Maßnahme, deren Urheberrecht den Bundesministern Rösler (FDP, Wirtschaft) und Röttgen (CDU, Umwelt) zugeschrieben wird, sehen sie eher parteipolitisches Machtgehabe statt wirtschaftliche Ursachen.
"Wir brauchen den deutschen Markt"
„Wie will ein Land wie Deutschland denn den beschriebenen Energiewandel, eine echte Wende also, erreichen, wenn sie einen wesentlichen Zweig so beschneidet?“, fragt Burscheid. Das, was da aus Berlin kommt, betrachtet er als konzeptionslose Politik. Dazu, meint er, müsse man auch wissen, dass die Bundesregierung ursprünglich vorhatte, die Leistung aus Solarenergie bis zum Jahr 2020 auf 52 Gigawatt zu steigern. Mittlerweile aber habe Berlin an die EU in Brüssel ein revidiertes Ziel weitergegeben. „Jetzt sind es nur noch 33 Gigawatt bis 2020“, so Walter Burscheid.
Das Auslandsgeschäft, weiß der Vorstand, kann das Loch, das entstehen wird, wenn die Kürzung wie veröffentlicht umgesetzt werden sollte, nicht füllen. In Italien, im krisengeschüttelten Griechenland und in den USA gibt es zwar Töchter der „abakus solar AG“, aber die machen gerade einmal 60 Prozent des Umsatzes aus. „Wir brauchen den deutschen Markt, um wachsen zu können und wollen weitere Arbeitsplätze schaffen. So aber werden sie am Ende vernichtet“, sagt Burscheid.