Gelsenkirchen.

Die Stadt Gelsenkirchen hat eine neue Hauptsatzung einschließlich einer entsprechenden Bezirkssatzung; außerdem gibt es eine neue Geschäftsordnung. Der Rat stimmte beiden Vorlagen am Donnerstag mit großer Mehrheit zu. Reine Routine also?

Die Hauptsatzung war es, die in der Sitzung noch einmal für Anmerkungen und Diskussionen sorgte. Neben einer jetzt geschlechtsneutralen Formulierung, die es in einer ersten Version für den Hauptausschuss in der vergangenen Woche noch nicht gegeben hatte, blieben die angepassten Wertgrenzen für das tägliche Geschäft der Verwaltung unverändert.

Kann dies tatsächlich als routinierter Vorgang betrachtet werden, war es eine WAZ- und WDR-Berichterstattung aus dem Januar, die den Fokus auf die Hauptsatzung als Arbeitsgrundlage für Fraktionen und sachkundige Bürger richtete: Denn mit der Verabschiedung am Donnerstag ist die Entschädigung für sachkundige Bürger nun auf 35 Fraktionssitzungen jährlich gedeckelt worden. Eine Beschränkung, die die SPD-Fraktion auch am Donnerstag in Person ihres Vorsitzenden Dr. Klaus Haertel noch einmal ausdrücklich begrüßte.

30,50 € pro Sitzung

Diese Veränderung in der Satzung wurde angestrebt, um den Abrechnungen der Fraktion Pro NRW wirksam zu begegnen. Addiert haben deren neun sachkundige Bürger (in 2010 waren es sechs) im vergangenen Jahr an 536 Sitzungen (in 2010: 409) teilgenommen und sie abgerechnet. Das macht: 16.348 Euro. Nimmt ein sachkundiger Bürger zur Vorbereitung auf „seinen“ Ausschuss an einer Fraktionssitzung seiner Partei teil, erhält er dafür 30,50 Euro.

Oberbürgermeister Frank Baranowski veranschaulichte die abgerechneten Sitzungen und geltend gemachten Kosten im Rat, indem er Balkendiagramme zeigte, die das Missverhältnis verdeutlichten. Zum Vergleich führte der OB auch die FDP ins Feld: Die ebenfalls dreiköpfige Ratsfraktion der Liberalen hat vier sachkundige Bürger, die im Jahr 2011 zusammen auf 59 Fraktionssitzungen und damit äußerst bescheiden anmutende 1799,50 Euro kamen. Die vierköpfige Ratsmannschaft der Grünen wird von sieben Sachkundigen unterstützt. Die haben an 140 Sitzungen teilgenommen und dafür 4300 Euro abgerechnet – wovon die Empfänger einen Teil des Geldes an die Partei abführen.

Klaus Haertel formulierte eine Bewertung aus Sicht der SPD so: „35 Sitzungen reichen bei sechs Sitzungsperioden pro Jahr aus. Es kann sich ja jeder mit seinen politischen Freunden treffen, aber nicht auf Kosten der Steuerzahler.“ Zwölf sachkundige Bürger habe beispielsweise die SPD-Fraktion. „Selbstverständlich dürfen die an allen Fraktionssitzungen teilnehmen“, sagte Haertel. Abgerechnet würden aber nur die Treffen, die tatsächlich der Vorbereitung auf einen Ausschuss des jeweiligen Sachkundigen dienen.

Maximal auffällig war es mit Blick auf die anderen Ratsfraktionen, dass ein sachkundiger Bürger von Pro NRW im Einzelfall insgesamt 85 Sitzungsteilnahmen abrechnete und dafür umgerechnet 2592,50 Euro geltend machte.

Keine Resolution zum Thema Opel

Die Stadtmarketinggesellschaft (SMG) ist neu aufgestellt. Nachdem Wilhelm Weßels bereits als nebenamtlicher Geschäftsführer bestellt wurde, hat der Rat am Donnerstag einstimmig auch Markus Schwardtmann, den Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Gelsenkirchen, in diese Position gehoben. Er beginnt seinen Job als nebenamtlicher Geschäftsführer der SMG am 1. März 2012.

Der Aufsichtsrat der „Nordsternpark Gesellschaft für Immobilienentwicklung und Liegenschaftsverwertung mbH“, kurz NSP genannt, hat ein neues Mitglied: Für die aus dem Bereich der Wirtschaft ausgeschiedene Irmgard Michalik wird nun Bernd Engemann diese Position ausfüllen. Der Rat votierte einstimmig für den Vorschlag.

Nicht zugelassen wurde ein Dringlichkeitsantrag von Monika Gärtner-Engel (AUF). Sie wollte den Rat eine Resolution zu den Gerüchten um eine Schließung des Bochumer Opel-Werkes beschließen lassen. Klaus Haertel (SPD) hatte kurz vor der Sitzung am Donnerstag noch mit dem Opel-Betriebsrat telefoniert und teilte mit, dass der darum gebeten habe, eine weitere Thematisierung bis zur Bilanzpressekonferenz Mitte Februar zu unterlassen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Ungewöhnliches Abstimmungsverhalten

Im Ausschuss für Gesundheit und Sport gibt es eine Umbesetzung. Für Elke Neubauer (früher BBG, jetzt Pro NRW) wird die BBG-Stadtverordnete Marion Strohmeier als beratendes Mitglied dem Ausschuss künftig angehören. Strohmeier verzichtete darauf, Mitglied mit Stimmrecht zu werden, „weil ich dafür die Stimmen aller Ratsmitglieder benötige. Und auf die von Pro NRW verzichte ich.“ Ihre Stellvertreterin wird künftig die BBG-Stadtverordnete Irene Heyn-Schramm sein. Im Beirat für Senioren gibt es ebenfalls eine Umbesetzung aus Sicht der BBG: Andreas Echelmeyer ist nun Stellvertreter von Reinhold Adam.

Ungewöhnlich ging es in der Abstimmung bei einer Pro-NRW-Personalie für den Beirat der Menschen mit Behinderungen zu. Sachlich gewertet verlief die Wahl von Elke Neubauer als neues stellvertretendes Beiratsmitglied von Roland Hauer einstimmig. Allerdings enthielt sich die komplette SPD-Fraktion bei dieser Abstimmung, nachdem ihr Vorsitzender Klaus Haertel kurz zuvor durch die Reihen gegangen war, um das Verhalten abzustimmen.