Gelsenkirchen. Arbeitsmigration hat die Stadt groß gemacht: Der mittlerweile 5. Unternehmertag im Wissenschaftspark lotete Chancen und Ansätze ethnischer Ökonomie aus. Über 200 Besucher kamen zu der Veranstaltung – ein Rekord.
Einen Besucherrekord hat am Donnerstag der Internationale Gelsenkirchener Unternehmertag im Wissenschaftspark verzeichnet. 200 Gäste, darunter viele Selbstständige unterschiedlicher Herkunft, waren der Einladung des Büros für lokale Wirtschaftsförderung Südost und des Internationalen Unternehmerverbandes RuhrStadt gefolgt. Unter dem Motto „Gestern, heute und übermorgen“ wurde bei der bislang 5. Informationsveranstaltung die Geschichte der ethnischen Ökonomie beleuchtet, aktuelle Beschäftigungseffekte analysiert und ein Ausblick auf die Zukunft gegeben.
„Ohne die Bewegung der Arbeitsmigration wäre Gelsenkirchen so nie entstanden und heute noch ein Dorf an der Emscher“, erinnerte Oberbürgermeister Frank Baranowski an die Bedeutung der Einwanderung. Schlesier, Ostpreußen und Masuren hätten die Stadt groß gemacht „und in der Nachkriegszeit haben Spanier, Italiener und Türken die Wirtschaftswunderjahre erst ermöglicht.“ Auch Einwanderer aus jüngerer Zeit hätte ihren Platz in der Stadt gefunden. „Sie sind ökonomisch wichtig, immer häufiger auch als Arbeitgeber.“
Die Hälfte der Wirtschaftsberatungen, die die Stadt anbiete, würden von Menschen mit Migrationshintergrund in Anspruch genommen werden. Man müsse ehrlich benennen, dass überproportional viele Menschen in die Selbstständigkeit getrieben werden, die sich selbst dafür nicht entschieden hätten. Ethnisch bedingte Bildungsbehinderungen sollen deshalb in Gelsenkirchen verschwinden.
"Sozialen Boden besser bestellen"
Ein Grußwort an die Besucher richtete auch Attila Öner, der stv. Vorsitzende des Internationalen Unternehmerverbandes RuhrStadt, der erstmals als Co-Gastgeber neben der Wirtschaftsförderung auftrat. „Wir Unternehmer müssen denen helfen, die Hilfe nötig haben, unabhängig davon, ob sie Ayse, Andrea oder Stavros heißen“, so Öner, der appellierte, „den sozialen Boden besser zu bestellen, damit wir ein gemeinsames Miteinander und Wohlstand ernten“.
Als Experte zum Thema ethnische Ökonomie referierte Yunus Ulusoy, Leiter der Abteilung Modellprojekte am Zentrum für Türkeistudien der Uni Duisburg-Essen, im Wissenschaftspark. Ulusoy hob den rasanten Anstieg der Selbstständigkeit hervor: 1991 gab es 170 000 selbstständige Ausländer, 2010 schon 421.000 in Deutschland. Geschätzt zwei Millionen Arbeitsplätze werden in Deutschland von Unternehmern mit Migrationshintergrund bereitgestellt.
"Wer an seine Idee glaubt, wird es auch schaffen"
Zur Diskussionsrunde bat Moderator Ralf Laskowski drei erfolgreiche Unternehmer aus der Region aufs Podium. Mit dabei war Grazia Dell´Aquilla vom Eiscafé Graziella. „Am Anfang war es sehr schwer, wir waren jung und unerfahren“, so die Italienerin, die vor 24 Jahren nach Deutschland kam. Heute hat sie sogar einen zweiten Laden und auch die Großbaustelle in der Altstadt gemeistert: „Ich bin die einzige, die das Hans-Sachs-Haus überlebt hat.“ Flankiert wurde die Unternehmerin von der Koreanerin Shi-Joung Kim, die in Deutschland Gesundheitsliegen etablieren will. Hasan Sahin, Prokurist bei der Ayyo GmbH, vertreibt erfolgreich das beliebte Milchgetränk Ayran. Sahin: „Wer an seine Idee glaubt, wird es auch schaffen.“