Gelsenkirchen.

Der massive Protest gegen die Castortransporte nach Gorleben hat für viele Schlagzeilen gesorgt. Menschen, die sich an Bahngleise ketteten. Tausende, die den Ablauf in einer Art Katz-und-Maus-Spiel mit den Behörden zu verhindern, mindestens aber zu stören versuchten.

Alles weit weg? Nicht unbedingt, wie die WAZ am Donnerstag berichtete. Über eine Wegstrecke quer durchs Ruhrgebiet wird diskutiert, sollte der Transport im kommenden Jahr aus dem Forschungszentrum Jülich ins Zwischenlager Ahaus Realität werden. Auf der Autobahn. Oder per Bahn. Dann würde auch Gelsenkirchen Durchfahrtsort für die Transporte werden können.

Die Polizei beschäftigt sich zwar gedanklich mit dem Thema, wie Sprecher Konrad Kordts sagte, „aber wir müssen abwarten, welches Ergebnis die politische Diskussion bringt“. Würde Ahaus angesteuert, sei die Bahnroute durch Bülse möglich. „Da wären wir mit im Boot, doch den Hut hätte die Bundespolizei auf. Ob man die Strecke nimmt, muss man ohnehin abwarten. Da ist nachts richtig viel los, weil es sich um eine Hauptstrecke handelt, da fährt etwa der ICE Paris-Warschau durch“, so Kordts. Die Bundespolizei-Inspektion Dortmund sagt derzeit nichts zum Thema, „weil grundsätzlich noch nichts feststeht“, wie ein Behördensprecher mitteilte.

Für die Grünen in Gelsenkirchen ist die Angelegenheit klar. „Die Castoren müssen in Jülich bleiben“, fordert die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Irene Mihalic. „Aus unserer Landtagsfraktion haben wir gehört, dass wegen der Beschaffenheit nur ein Transport über die Straße in Frage käme. Jeder Castor einzeln auf einem Lkw. Das wären 152 Touren.“ Da denkt auch die Autobahnpolizistin Mihalic mit und meint: „Das wäre ein enormer Aufwand, die Strecke abzusichern. Personell wie finanziell.“ Diese Summe, so Mihalic, sollte genutzt werden, „um die Anlage Jülich in den Gebäuden so zu ertüchtigen, dass dort eine Zwischenlagerung stattfinden kann, bis ein Endlager gefunden worden ist“.

Klaus Haertel, Fraktionsvorsitzender der SPD, kam, als er vom Castor-Transport las, spontan dieser Gedanke: „Da würde ich mich in Gelsenkirchen auch auf die Straße setzen.“ Er sei, völlig unabhängig vom Berührungspunkt, empört über die Weise, wie mit einem so sensiblen Thema umgegangen würde und dass der Bund als Mehrheitseignerin der Jülicher Anlage das Land mal eben überstimmen würde. Auch Haertel ist der Auffassung, dass die Castoren in Jülich bleiben müssten, „solange kein Endlager gefunden ist“.

In eine ähnliche Kerbe schlägt Werner Wöll, Fraktionsvorsitzender der CDU . „Jülich müsste ausgebaut werden“, sagt er. Die Überstimmung des Landes durch den Bund schätzt er als „das übliche Spiel“ ein, wenn zwei Seiten zu Beginn ihre Maximalforderungen benennen. „Sie müssen verhandeln und sich in der Finanzierungsfrage einigen.“ Die Rolle von Norbert Röttgen, Landesvorsitzender der CDU und Bundesumweltminister, kommentiert er so: „Da muss er sich zunächst als Minister positionieren.“

Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) betrachtet die Angelegenheit gelassen und stellt fest: „Wir sind bisher nur über die Medien über das Thema informiert. Wenn Gelsenkirchen betroffen sein wird von der Streckenführung, erwarten wir eine rechtzeitige Benachrichtigung durch die Landesbehörden.“ Darüber hinaus erkennt der OB angesichts des sensiblen Themas und seiner Wahrnehmung in der Ankündigung, die Castoren von Jülich nach Ahaus transportieren zu wollen, „eine bewusste Provokation“.