Essen. . Die Kommunen, die an den möglichen Routen der 152 Castor-Transporte liegen, wurden bisher über die Planungen nicht informiert. Selbst die Bezirksregierungen sind ahnungslos.
Kaum ist bekannt, dass 2012 insgesamt 152 Castoren von Jülich nach Ahaus rollen sollen, formiert sich der Protest. Für den 18. Dezember ist um 14 Uhr die erste Demonstration vor dem Zwischenlager in Ahaus geplant.
Damit reagieren die Anti-Atomkraftgegner schneller als die Kommunen an der Strecke. Die wurden von dem Beschluss überrumpelt. Oberhausen bildet beinahe den geografischen Mittelpunkt zwischen Jülich und Ahaus. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die Atommüll-Transporte im kommenden Jahr durch die Stadt rollen werden.
Die Verantwortlichen im Rathaus wurden, wie alle anderen betroffenen Kommunen, von der Nachricht jedoch völlig überrascht: „Wir haben es am Donnerstagmorgen aus der Zeitung erfahren“, sagt Pressesprecher Martin Berger. „Wir halten jetzt erstmal den Ball flach und warten, was da auf uns zukommt.“ Grundsätzlich sei es jedoch nicht sinnvoll, den Atommüll ausgerechnet durch das Ruhrgebiet, die dichtbesiedelste Region Deutschlands, zu transportieren. „Wir müssen mit einem immensen Proteststurm der Bevölkerung rechnen.“
Keine rechtliche Handhabe
Direktere Worte wählt der Bürgermeister von Lünen. „Wir sind als Stadt alles andere als begeistert, dass die Castortransporte durch unsere Region führen sollen, haben aber leider keine rechtliche Handhabe dagegen“, klagt Hans Wilhelm Stodollick. Die Ausschreitungen beim Castortransport in der vergangenen Woche hätten gezeigt, dass Konfrontationen an den Transportwegen vorprogrammiert seien. „Massive Polizeipräsenz ist nötig und das bedeutet enorme Kosten.“
Stodollick hofft nun, dass der Transport doch noch an Lünen vorbeirollen wird. Die Chancen stehen eins zu drei, da Lünen an einer von drei möglichen Routen – und zudem an der längsten – liegt. „Denn je länger die Strecke ist, desto brisanter gestaltet sich die Situation. Ein Umweg über Lünen wäre also unsinnig“, argumentiert der Bürgermeister.
Bezirksregierungen wurden nicht informiert
Überrumpelt wurde auch die Stadt Köln, die die erste größere Station auf dem Weg des Castor-Zugs durch NRW sein könnte. „Diese Sache hat bisher niemand an uns herangetragen“, sagt Stadtsprecher Jürgen Müllenberg etwas vorsichtig. Mit Kritik oder Befürchtungen hält er sich zurück. „Wir können da ohnehin nichts ausrichten“, sagt er. Der Stadt seien die Hände gebunden. Müllenberg verweist an die Bezirksregierung. Doch auch hier sieht man keine Handhabe gegen die Castorstrecke. „Das ist eine Nummer zu groß für uns“, sagt Sprecherin Christina Köntje. Gegen eine Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter könne man nichts ausrichten.
Ähnlich argumentiert die Bezirksregierung in Münster. Sprecherin Ulla Lütkehermölle: „Die letztendliche Genehmigung liegt beim Innenminister“. In Münster fände man es aber „gut, wenn wir wenigstens informiert werden“. Grundsätzlich gelte: Land und Bund haben gegenüber dem Regierungspräsidenten keine Informationspflicht.
Wenig Verständnis für die Geheimniskrämerei
Auch in den weiteren Städten, die an der Route zwischen Jülich und Ahaus liegen, herrscht große Ahnungslosigkeit. „Wir wissen nicht, ob wir betroffen sind“, sagt Duisburgs Pressesprecherin Anja Huntgeburth. Doch auch sie ist sich sicher, dass die Stadt nichts dagegen tun kann. „Solch ein Transport folgt einem übergeordneten Interesse. Das steht über dem Interesse einer einzelnen Kommune.“ Die eher einsilbige Fraktion ist lang. Ähnlich wie Düsseldorfs Sprecherin Natalia Fedossenko erklärt auch Recklinghausens Sprecherin Birgit Malik lapidar: „Das ist kein aktuelles Thema für uns.“ Bottrop und Dorsten sehen es ähnlich.
In Gladbeck hingegen hat man keinerlei Verständnis für das Vorhaben. Stadtpressesprecher Peter Breßer-Barnebeck fühlt sich an 1998 erinnert, als bereits heimlich Castoren durch die Stadt im Kreis Recklinghausen rollten. „Die Menschen waren irritiert, weil Züge urplötzlich von Hubschraubern begleitet wurden“, erzählt er. Damals, genau wie heute, wurde im Rathaus niemand informiert. „Es gibt wenig Bereitschaft seitens des verantwortlichen Ministeriums, uns zu beteiligen“, resümiert er. „Was wir genau machen können, werden wir uns in den nächsten Wochen überlegen müssen“, kündigt er an.