Jülich/Ahaus (dapd-nrw). Durch Nordrhein-Westfalen könnte schon Anfang 2012 ein stark radioaktiver Atommülltransport rollen. Der Bund habe am Mittwoch mit seiner Mehrheit im Aufsichtsrat des Forschungszentrums Jülich den Transport von Jülich ins Zwischenlager Ahaus durchgesetzt, teilte die Düsseldorfer Landesregierung mit. Rot-Grün in NRW hatte sich gegen den Transport von 152 Castor-Behältern ausgesprochen.

"Die Bundesregierung und der Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der zugleich der Landesvorsitzende der NRW-CDU ist, tragen nun die Verantwortung für riskante und umstrittene Castor-Transporte durch unser Land", kritisierte die NRW-Landesregierung.

Röttgen wies die Vorwürfe zurück. "Das Land NRW ist in der Pflicht. Die Landesregierung muss sich klar dazu bekennen, dass sie ein zusätzliches atomares Zwischenlager in NRW akzeptieren will", sagte der Minister. Es dürfe in Jülich zwischenzeitlich keinen "genehmigungsfreien Zustand" geben,

Der Transport ist noch nicht offiziell terminiert. Denkbar ist nach Informationen der Atomkraftgegner ein Termin bereits Anfang 2012. Laut Mitteilung des Forschungszentrums endet am 30. Juni 2013 die Aufbewahrungsgenehmigung im Zwischenlager auf dem Jülicher Gelände.

Atomkraftgegner wollen nun bundesweit gegen den Transport von 300.000 hoch radioaktiven Brennelementekugeln mobilisieren. Sie kündigten Proteste gegen den Transport der "West-Castoren" per Lkw über die Autobahnen am Niederrhein und durch das Ruhrgebiet an.

"Das ist ein schwarzer Tag für NRW", sagte Matthias Eickhoff von der Initiative "Sofortiger Atomausstieg" in Münster. Das Verhalten von Röttgen sei "empörend". Der gefährliche Transport müsse abgesagt werden. Ansonsten werde es massive Protestaktionen geben. Er forderte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf, mit Röttgen "nach dem Schulfrieden einen Atomfrieden auszuhandeln".

Das Forschungszentrum Jülich gehört zu 90 Prozent dem Bund, 10 Prozent hält das Land NRW. Der Versuchsreaktor in Jülich lief von 1966 bis 1988 und wird seitdem zurückgebaut.

Die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf ist laut Mitteilung der "Auffassung, dass Atomtransporte vermieden werden müssen, weil sie unnötige Risiken für Mensch und Umwelt mit sich bringen". Das Zwischenlager in Jülich müsse ertüchtigt werden, "damit es weiter betrieben werden kann", teilte das Land NRW weiter mit.

"Mit dem Wechsel des Lagerungsortes innerhalb von Nordrhein-Westfalen lösen wir das Grundproblem nicht", erklärten Energieminister Harry Voigtsberger (SPD), Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) und Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). "Das Risiko und die Belastung für die Bevölkerung werden lediglich um ein paar hundert Kilometer innerhalb des Landes verlagert."

Kritik kam auch vom SPD-Umweltexperten Ulrich Kelber. "Schon der Einsatz rund um Gorleben wäre viel kleiner ausgefallen, wenn ein Baustopp in Gorleben die ergebnisoffene Endlagersuche glaubhaft gemacht hätte", sagte der Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion. "Jetzt völlig unnötig" 152 Castorbehälter quer durch NRW von einem Zwischenlager zu einem anderen zu verschieben, werde zu Überstunden bei der Polizei führen und zahlreiche Bürger verunsichern.

Zwischen Jülich im Rheinland und Ahaus im westlichen Münsterland liegen knapp 200 Kilometer.

dapd