Gelsenkirchen.
Gelsenkirchen. Dieter Gebhard ist SPD-Ratsherr in Gelsenkirchen und Vorsitzender der Landschaftsversammlung beim LWL. Nach der WAZ-Berichterstattung zur LWL-Umlage meldete sich der Stadtverordnete und nimmt aus Sicht des Landschaftsverbandes Stellung zur Diskussion über die kommunale Finanznot.
„Mit der einseitigen Zuspitzung wird der Eindruck erweckt, eine anonyme Instanz sammelt in unangemessener Weise kommunales Geld ein, das dann für Aufgaben ausgegeben wird, von denen die Kommunen nichts haben“, so Gebhard.. Genau das Gegenteil sei seiner Meinung nach richtig. „Über 100 Millionen Euro flossen im Jahr 2010 aus den Kassen des LWL zurück nach Gelsenkirchen. Das sollte Stadtkämmerer Dr. Georg Lunemann nicht verschweigen, wenn er beklagt, dass Gelsenkirchen 58,7 Mio. Euro im Jahr 2011 an Umlagezahlungen aufbringen musste.“
Sozialhilfekosten von 65,2 Millionen Euro
Allein die in Gelsenkirchen anfallenden Sozialhilfekosten und vom LWL bezahlten Kosten für die Behindertenhilfe hätten 2010 mit 65,2 Mio. Euro bereits rund 6,5 Mio. Euro mehr als die beklagten 58,7 Mio. Euro betragen, die Gelsenkirchen dem LWL überwiesen hat. Damit würden die notwendigen Hilfen für Menschen mit Behinderungen finanziert. Dazu zählten, so Dieter Gebhard weiter, in Gelsenkirchen insbesondere die Angebote an Heimplätzen, ambulant betreutes Wohnen, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Tagesstätten und weitere Hilfen.
„Die Kosten für die Behindertenhilfe explodieren allein wegen steigender Fallzahlen weiter unaufhörlich. Die Prognose ist leicht zu stellen, da die Kinder mit besonderem Förderbedarf bereits Schülerinnen und Schüler an den 35 Förderschulen des LWL sind und Jahr für Jahr in die Behindertenhilfe hineinwachsen, auf die sie einen gesetzlichen Anspruch haben. Mit den Kostensteigerungen sind also keinerlei Verbesserungen für die betroffenen Menschen und nicht einmal eine angemessene höhere Kostenerstattung für die Träger der Behinderteneinrichtungen verbunden“, schildert der SPD-Politiker.
Einsparungen von rund 40 Millionen Euro beschlossen
Mit der Erwartung, „dass sämtliche Sparpotenziale beim LWL ausgeschöpft werden“, liege Lunemann schon richtig, sagt Gebhard. Das geschehe auch. Da das „eingesparte“ Geld nicht mehr in den Kommunen ankommt, sei der immer währende Diskussionsprozess in den Gremien des LWL schwieriger als manche annehmen. „Gelsenkirchen wäre nicht damit geholfen, wenn Projekte wie Hof Holz, das Museum Schloss Horst oder die Neue Westfälische Sinfonie hinten runter gefallen wären.“ Trotzdem seien 2011 Einsparungen von rd. 40 Mio. Euro beschlossen worden.
Allerdings, so Dieter Gebhard, dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, Kommunen bzw. Kommunalverbände bekämen die Finanznot allein in den Griff: Trotz achtzehn Museumsstandorten und einer hohen Zahl an kulturellen Aktivitäten sei der komplette Kulturhaushalt mit ca. 60 Mio. Euro, die man (theoretisch) einmal einsparen könnte, geringer als die Jahr für Jahr anfallende Kostensteigerung in der Behindertenhilfe.
LWL-Umlage soll steigen: um 0,8 Prozent
Die Mitgliedsbeiträge der 27 Kreise und Großstädte im LWL sollen um 0,8 Prozentpunkte steigen - von jetzt 15,7 auf 16,5 Prozent. Das schlug die LWL-Verwaltungsspitze vor, um ein drohendes Haushaltsloch von 84 Millionen Euro zu stopfen. Am Donnerstag legten Verbands-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch und -Kämmerer Matthias Löb der Landschaftsversammlung in Münster ihren Planentwurf (Volumen von rund 2,6 Milliarden Euro) vor.
Löb wies auf jährlich um 65 bis 70 Millionen Euro ungebrochen steigenden und rechtlich verbindlichen LWL-Ausgaben bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung hin. In den vergangenen zwei Jahren habe der LWL die Haushaltslücke nicht über eine Umlageerhöhung ausgeglichen, sondern sei „aus kommunaler Solidarität in erheblichem Maße in die Verschuldung gegangen“, sagte Löb. Das habe die Mitgliedskreise und -städte „bei ihrem schweren Gang durch die Wirtschaftskrise“ um fast 240 Millionen Euro entlastet, so Löb. Verschuldung plus Zinsbelastung dürften aber nicht weiter steigen, neue Kredite unter Aufzehrung der so genannten Ausgleichsrücklage würden die notwendige Umlageerhöhung nur verschieben.