Gelsenkirchen. .

Hinter Gittern haben die Menschen in der Regel wenig zu lachen. Es sei denn, sie begegnen mitten im Knast einem echten Profi-Komiker. Was eher selten der Fall ist. Am Dienstagabend aber schlossen sich hinter Kabarettistin Karin Berkenkopf und Zauberer Jurim Kaiser die Gefängnistore, damit sie eine Stunde lang jede Menge Kultur in den Knast bringen konnten.

Genauer gesagt: in die Gefängniskapelle. Hier jonglierten die Künstler nicht nur mit Bällen, Seilen, Spielkarten und scharfen Worten, sie zauberten den rund 40 Frauen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren auch so manches Lächeln ins Gesicht. Ein ungewöhnlicher Abend für die Insassen, eine außergewöhnliche Bühne für die Kleinkünstler.

Gefängnis wird zur Bühne

Dass ein Gefängnis auch mal zur Bühne wird, ist dem Dortmunder Kunst- und Literaturverein für Gefangene e.V. zu verdanken. Der gründete im Jahre 2009 das Projekt „Kultur hinter Mauern“. Ehrenamtliche Mitarbeiter vermitteln Künstler, die ohne Gage hinter Gittern auftreten, darunter Kabarettisten, Comedians, Rock-, Folk,- und Jazz-Bands, bildende Künstler, Autoren, Zauberkünstler, A-capella-Gruppen und ganze Theaterensembles.

Heike Zielarsko begleitete zusammen mit Sabina Esser die beiden Künstler zur Veranstaltung. Wer die hohen, grauen Betonmauern durchschreitet, muss wie jeder Gast dieses Hauses erst einmal Personalausweis und Handy abgegeben, sich dann durchchecken lassen und schließlich mit Hilfe von Beamten jede Menge Gittertüren passieren.

Diebstahl bis Mord

In der Kapelle, wo sonst manch Stoßgebet gen Himmel geschickt wird, hatten rund 40 Gefangene einen Platz ergattert. JVA-Organisator: „Wenn sich zu viele für eine Veranstaltung anmelden, entscheidet das Los.“ Zurzeit bevölkern 137 Frauen und 431 Männer die Zellen der Justizvollzugsanstalt, verurteilt wegen Taten vom Diebstahl bis zum Mord.

Heike Zielarskos Erfahrungen nach etlichen Knastbesuchen: „Wir stoßen auf ein sehr aufmerksames, offenes Publikum, von dem kommt sehr viel zurück.“ Dankbar seien die meisten Gefangenen für das Kulturprogramm: „Wir kommen nach den Vorstellungen oft mit denen ins Gespräch.“

"Die gehen gut mit"

Kabarettistin Karin Berkenkopf aus Winterberg tritt als Frieda Braun mit Lockenwicklern im Haar auf und blödelt über alles, was der normale Alltag so her gibt, vom Chaos im Kreisverkehr bis zum Run auf den Schönheitschirurgen: „Was gar nicht an den Ort passt, lasse ich spontan weg.“

Täuschungsartist Jurim Kaiser aus Bochum trat bereits mehrfach in Gefängnissen auf und bestätigt die positive Resonanz: „Die gehen gut mit.“ Manchen Gag klemmt sich der 30-jährige Spaßvogel hier allerdings: „Sonst fordere ich schon mal eine hübsche Frau im Publikum auf, mir ihre Telefonnummer aufzuschreiben.“ Macht im Gefängnis wenig Sinn. Allen Zaubertricks zum Trotz: Am Ende ließen die Künstler weder Gitter verschwinden noch Frauen entschweben. Viel Beifall gab’s trotzdem.