Gelsenkirchen. . Selbst wer nie in die Oper geht, kennt sein Gesicht. Es prangt zurzeit groß auf Litfaßsäulen und an Plakatwänden. William Saetre ist der Mann mit dem Goldfischglas.
Selbst wer nie in die Oper geht, kennt sein Gesicht. Es prangt zurzeit groß auf Litfaßsäulen und an Plakatwänden. William Saetre ist der Mann mit dem Goldfischglas. Mit diesem Plakat wirbt das Musiktheater im Revier im ganzen Stadtgebiet originell für die Wagner-Produktion „Das Rheingold“. Das Foto passt zum Tenor: „Ich spiele gerne verrückte Rollen, mag es crazy.“
Ab dem heutigen Samstag ist Saetre in einer weiteren MiR-Produktion zu sehen, in Brittens „War Requiem“.
„Crazy“, auch das Wort erzählt etwas über den Mann, der seit der Spielzeit 2003/2004 Mitglied des Gelsenkirchener Opern-Ensembles ist. Denn Saetre wuchs in Amerika auf, in einer norwegisch-amerikanischen Familie. Vor allem durch die Großmutter kamen er und seine fünf Geschwister früh in Kontakt mit Kunst und Kultur, alle sangen im Chor, spielten Klavier. „Ich konnte eher singen als sprechen.“ Und sein erstes Wort soll „Licht“ gewesen sein. Bühnenlicht schließlich wird sein Leben später dominieren.
Liebe zur Musik
Nicht nur die Liebe zur Musik, auch die zu Europa pflanzte die Großmutter ihm ins Herz. Der 50-Jährige, der 1990 den Kontinent wechselte und sich inzwischen als Europäer fühlt, erinnert sich: „Schon als Kind war mein Ziel Europa.“
Was an den norwegischen Wurzeln liegen mag, auch wenn die Familie schon in der fünften Generation in den USA lebt. Und an der Großmutter, „die mir immer von ihren Reisen nach Paris, Wien oder Rom erzählte.“ Bis heute lebt ein Teil der Großfamilie in Norwegen und betreibt eine große Keksfabrik. Dieses Knabbergebäck trägt noch immer den Namen Saetre und der Sänger freut sich: „Immer zu Weihnachten bekomme ich von dort ein Keks-Paket.“
Seine Ausbildung begann der Tenor am St. Olaf College, ging ans San Francisco Musik-Konservatorium und ans San Francisco Opera Center. Er debütierte dort als Albert in Brittens „Albert Herring“.
Bühnendebüt mit acht Jahren
Sein nicht-professionelles Bühnendebüt gab Saetre allerdings schon mit acht Jahren, als er im Musical „The Music Man“ auftrat. Während des Studiums gab der Sänger nebenbei den Pianisten in einer Cocktailbar.
1990 zog es den Künstler endgültig ins Reich seiner Träume. Er startete als Solist am Stadttheater Hildesheim, nahm zusätzlich viele Gastengagements u.a. in Frankfurt am Main, am Stadttheater Klagenfurt, an der Pariser Oper, der San Francisco Opera, der Los Angeles Opera oder der New York City Opera wahr.
Der Charaktertenor war schnell ein gefragter Mann, erhielt Einladungen zu Festivals wie dem kalifornischen Carmel Bach Festival, den Sommerfestspielen in Amsterdam, Wien oder London. William Saetre gibt sein Wissen inzwischen auch weiter, ist Gesangspädagoge für das Fach Musical und gibt Workshops in Europa und den USA.
Sänger und Schauspieler in einer Person
William Saetre fühlt sich gleichermaßen als Sänger und Schauspieler, die Trennung beider Sparten mag er nicht: „In Amerika ist die auch nicht üblich.“ Auch die Unterscheidung von U- und E-Musik ist ihm völlig wurscht.
Mit Britten debütierte er, an Britten probt er nun wieder. Am Samstag steht William Saetre in einer Hauptrolle im „War Requiem“ auf der Bühne. Eine Rolle, die mitten im Ersten Weltkrieg angesiedelt ist und die ihm persönlich ganz nahe geht. „Mein Großonkel war erfolgreicher Opernsänger, als er während des Ersten Weltkriegs im Graben verletzt wurde und nicht mehr singen konnte.“ Dass er jetzt das machen darf, was der Onkel nicht mehr konnte, „das berührt mich tief“.