Gelsenkirchen. . Ein 31-jähriger Gelsenkirchener soll in 30 Fällen Bekannte mit K.o.-Tropfen in Tiefschlaf versetzt, diese sexuell missbraucht und alles mit einer Kamera gefilmt haben. Jetzt musste sich der Mann vor dem Essener Landgericht verantworten.

In „tabuisierter und ungelebter Homosexualität“ sieht Psychiaterin Dr. Marianne Miller den Hintergrund für die Sexualstraftaten eines 31-jährigen Gelsenkircheners, der sich vor dem Essener Landgericht verantworten muss.

Der geständige Versicherungsmakler hatte im Zeitraum von acht Jahren, bis Sommer 2010, sechs Bekannte in 30 Fällen mit sogenannten K.o.-Tropfen in Tiefschlaf versetzt, anschließend sexuell missbraucht und alles mit einer Video-Kamera gefilmt.

„Ersatzhandlungen“, nannte die Sachverständige in ihrem Gutachten am dritten Prozesstag die Taten des Angeklagten. „Er fand keine Lösung“, erklärte sie, eine normale Beziehung sei für ihn nicht möglich gewesen.

Störung der sexuellen Entwicklung

Dr. Miller sprach von einer tiefen Störung der männlichen Identität und der sexuellen Entwicklung. Sex sei in der Familie des 31-Jährigen ein Tabuthema gewesen. Im Alter von 14 Jahren habe der Angeklagte seine Homosexualität festgestellt. Vor den Eltern, von denen er, so die Gutachterin, „hoch emotional extrem abhängig“ gewesen sei, schwieg er. „So etwas gibt es nicht“, sei deren Überzeugung gewesen. Seine ersten sexuellen Kontakte habe er als beschämend und erniedrigend erlebt, erfuhr Miller bei der Untersuchung. Sie sieht beim Angeklagten weder Wiederholungsgefahr, noch kriminelle Neigungen oder fehlendes Unrechtsbewusstsein.

Staatsanwältin Kati Nothdurft vermisst beim 31-Jährigen Empathie mit den Opfern. Er entschuldige seine Übergriffe sogar ein bisschen damit, so die Anklagevertreterin, dass sie nichts mitbekommen hätten. „Ihm sei wichtig, dass er sie nicht verletzt habe“, meinte daraufhin die Gutachterin, er bedauere aber, dass sie die Videos hätten anschauen müssen. Sie fügte hinzu: „Es hätte auch ‘mal schief gehen können mit den K.o.-Tropfen.“

Der Angeklagte sprach inzwischen bei einem Haftbesuch mit seiner Mutter über seine sexuellen Neigungen. „Sie hat besser reagiert, als ich gedacht habe“, schilderte er ihre Reaktion. Der Prozess wird fortgesetzt.