Gelsenkirchen.
Simon Mackschin ist persönlicher Ansprechpartner für Fallmanagement – kurz: pAp. Mackschins arbeitet im „Integrationscenter für Arbeit Gelsenkirchen - Das Jobcenter (IAG)“. Dort berät er Menschen, die Hartz IV bekommen.
Mackschins Arbeitstag beginnt früh. Ab kurz nach sieben morgens sitzt er an seinem Schreibtisch. Das liegt aber weniger daran, dass das von ihm verlangt wird – es gibt eine Gleitzeitregelung – sondern eher daran, dass er schon gegen 16 Uhr seinen Sohn aus der Kindertagespflege abholen muss. „Außerdem muss man sich ja als Raucher immer ausstempeln,“ sagt er entschuldigend.
Simon Mackschin ist 35 Jahre alt. Der Volljurist arbeitet seit viereinhalb Jahren bei der IAG. Direkt nach seinem Referendariat hat er dort angefangen. Auf die Frage, ob er schon als kleiner Junge „persönlicher Ansprechpartner für Fallmanagement“ werden wollte, lacht er: „Da war mein Traumberuf natürlich Pilot.“
Viel Verantwortung im Beruf
Mit dem Fliegen ist es nichts geworden. Aber viel Verantwortung hat er in seinem Beruf trotzdem. Im Jahr betreut Mackschin etwa 300 Arbeitssuchende. Immerhin 88 Frauen und Männer konnte er im letzten Jahr in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen vermitteln.
Zwischen 8 und 12 Uhr empfängt Mackschin im Halbstundentakt Kunden – so werden Arbeitssuchende hier genannt. Für Neukunden nimmt er sich mehr Zeit: satte anderthalb Stunden.
Nach vier Stunden Beratungsgesprächen am Vormittag ist erst mal Mittagspause. Anschließend erledigt der IAG-Berater den Papierkram. Er füllt Anträge aus, schreibt Vermerke und Einladungen zu Beratungsgesprächen und telefoniert Kunden hinterher, die nicht zum ausgemachten Termin gekommen sind.
Beim dem Kunden, den er heute für halb elf eingeladen hat, ist Mackschin nicht sicher, ob er erscheinen wird. Das passiert häufiger, obwohl dann eigentlich eine Krankschreibung oder ein anderer triftiger Grund – etwa ein Vorstellungsgespräch – vorliegen müssen.
ALG II um 10% gekürzt
Die Sorge war umsonst. Der 59-Jährige steht überpünktlich vor der Tür. Mackschin begrüßt ihn: „Wir haben uns ja länger nicht gesehen.“ Das ist eine Anspielung: Der Kunde hatte zuletzt auf drei Einladungen nicht reagiert. Mackschin musste ihn deshalb mit Sanktionen belegen, das heißt konkret, dass ihm das ALG II um 10 % gekürzt wurde.
Der IAG-Berater belässt es nicht bei der Floskel. Hakt nach: „Haben Sie Probleme mit dem Briefkasten?“ Sein Gegenüber versichert, dass es tatsächlich Schwierigkeiten mit der Postzustellung gibt. „Ich hab doch nichts davon, wenn ich nicht hierher komme.“ Weil der 59-jährige Arbeitssuchende glaubwürdig ist, nimmt Simon Mackschin die Sanktionen wieder zurück. Das Interesse des Kunden an den Stellenanzeigen, die ihm sein persönlicher Berater ausdruckt, ist allerdings begrenzt. Weil er selbst etwas in Aussicht hat. Und zwar in dem Bereich, in dem er die meisten Erfahrungen hat: Als Fernfahrer. Allerdings muss dafür erstmal sein LKW-Führerschein verlängert werden. Der läuft demnächst ab und die Verlängerung kostet Geld. Mackschin erklärt dem Kunden, dass er dafür in Vorkasse treten muss, anschließend aber einen Antrag stellen kann, um die Kosten erstattet zu bekommen.
Der 59-Jährige verabschiedet sich und verspricht: „Meine Frau kommt mit den Papieren vorbei. Ich bin dann längst wieder auf der Straße.“